Das große Los ist es eher nicht, das Andrea Brunner und Christoph Matznetter gezogen haben. Zwei Wochen von der Wahl für 14 Tage die Nachfolge des zurückgetretenen Bundesgeschäftsführers zu übernehmen, ist für beide kein Honigschlecken. Vom Typus her sind die beiden durchaus unterschiedlich. Wenig überraschend ist, dass der bekannte Gerneredner Matznetter die Kommunikation nach außen übernimmt.
Die große Zeit des Steuerberaters in der Sozialdemokratie schien eigentlich schon vorbei. Wieder wurde der Vorsitzende des sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands bei der Listenerstellung nur mit einem Kampfmandat versehen. Ein neuerlicher Einzug in den Nationalrat ist alles andere als fix. Daher ist es vielleicht ein wenig überraschend, dass er sich jetzt breit schlagen hat lassen, die SPÖ-Not so kurz vor der Wahl ein wenig zu lindern.
Zähe Zeit als Staatssekretär
Sein Einstieg in die große Politik erfolgte unter Alfred Gusenbauer, der ihn als eine Art Schatten-Finanzminister aufbaute. Daraus wurde nichts, nachdem die ÖVP erfolgreich das Finanzressort für sich verhandelte. Für Matznetter begann eine eher zähe Zeit als Staatssekretär in der unglücklichen Koalition Gusenbauer/Molterer. Oftmals von der ÖVP von wichtigen Informationen abgeschnitten tat er sich schwer, eigenes Profil zu entwickeln. Endgültig bergab ging es mit seiner politischen Bedeutung, als Werner Faymann die SPÖ übernahm und Bildungsministerin Claudia Schmied als Finanzministerin protegierte. Deren Avancement scheiterte freilich ebenfalls an der Volkspartei.
Matznetter fand sich zurück im Nationalrat, wo er sich vor allem um wirtschaftliche Belange kümmerte. Der 58-jährige Wiener, der als ausgesprochener Genussmensch gilt, erwies sich dort zwar oft als kämpferischer Redner selbst gegen den Koalitionspartner, in der Sache ist der Steuerberater jedoch ein ausgewiesener Pragmatiker. Als Schwäche gilt, dass Matznetter, der sich selbst unzweifelhaft gerne reden hört, oft nicht gerade rasch zur Sache kommt. Diese Eigenschaft sollte er zumindest für die kommenden beiden Wochen beiseite lassen. Denn wenn er will, kann Matznetter, der mit Sicherheit zu den klügsten Köpfen im roten Klub gehört, auch ganz flott seinen Standpunkt klar machen.
Auch wenn der aus einer konservativen Familie stammende Matznetter im Auftreten durchaus bürgerlich wirkt, dockte er schon in jungen Jahren bei der Sozialdemokratie an. In den 1970er-Jahren war er AHS-Bundesschulsprecher sowie Schülerreferent der Sozialistischen Jugend. Dann widmete sich der verheiratete Vater von drei Kindern seiner beruflichen Karriere als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ehe er 2000 wieder in der SPÖ auftauchte. Den Posten des Finanzchefs übernahm er 2001, ab 2002 war er Nationalratsabgeordneter und ist das bis heute - unterbrochen im Wesentlichen nur von seinen knapp zwei Jahren im Finanzstaatssekretariat.
Frauenpolitikerin
Ähnlich schillernd liest sich Brunners Lebenslauf nicht, sie ist aber auch deutlich jünger. Die 38-jährige Tirolerin aus Schwaz dient derzeit als Bundesgeschäftsführerin der SPÖ-Frauen, stets gefördert von der Frauenvorsitzenden Gabriele Heinisch-Hosek, der sie in deren Zeit als Frauen- und Bildungsministerin auch als Pressereferentin diente.
Brunners Engagement in der Frauenpolitik ist groß, sie organisiert auch das Barbara Prammer-Symposium, benannt nach der früheren Frauenministerin und Nationalratspräsidentin. In der SPÖ findet sie nicht nur in der Sachpolitik Gehör. Sie fungierte bei großen Parteiveranstaltungen schon als Stimme aus dem Off.
Eines hat die meist frohgemute neue Bundesgeschäftsführerin mit Matznetter gemein. Auch sie hat ihre Parteikarriere schon zu Schulzeiten begonnen. Mit 17 wurde sie Vorsitzende der Aktion kritischer Schüler_innen in Tirol. In der Studentenpolitik brachte sie es bis zur Chefin des VSStÖ. Erfahrung mit Koordinationstätigkeiten hat Brunner, die einen Lebensgefährten hat, also. Jetzt gilt es, die 14 Tage bis zur Wahl organisatorisch einigermaßen reibungslos abzuarbeiten. Gelingt ihr das, könnte sie sich für spätere höhere Aufgaben empfehlen. Dass sie dauerhaft die Bundesgeschäftsführung übernimmt, ist freilich Stand jetzt ziemlich unwahrscheinlich.