Einigermaßen höflich, in der Sache aber durchgehend kontroversiell ist das erste direkte TV-Duell zwischen ÖVP-Obmann Sebastian Kurz und Grünen-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek Montagabend auf Puls 4 verlaufen. Ob in der Europa-, der Migrations-oder der Gesellschaftspolitik - nirgendwo fanden die beiden Politiker einen gemeinsamen Nenner. In der Ausländerpolitik wurden die Unterschiede wohl mit der meisten Polemik vorgetragen. Lunacek meinte, Kurz sei als Integrationsminister gescheitert. Der ÖVP-Chef hielt den Grünen "falsch verstandene Toleranz vor".
Die Diskussion zum Nachlesen
22 Uhr 23
Strolz plädiert für die Wahl seiner "pinken Partei als Bewegungshilfe für Kurz". Es dürfe nicht alles reduziert werden auf die Wahl zwischen drei Parteien. Kurz bittet um eine Stimme für eine "bürgerliche Politik". Kurz schenkt zum Schluss Strolz ein Buch seines Kandidaten Rudolf Taschner, Strolz schenkt Kurz "Der Zauberlehrling" und ein Buch des ehemaligen VP-Chefs Erhard Busek, "Eine Seele für Europa".
22 Uhr 20
Strolz will eine neue Schulreform, die der Großen Koalition sei die Frucht einer "Betonschädelpolitik". Parteipolitik habe in der Schule nichts verloren. Kurz nennt die Reform einen "Minimalkompromiss, wenn überhaupt" und spricht sich für eine neue aus. Deutschpflicht vor Schuleintritt fordert Kurz und am Ende müsse jeder schreiben, lesen und rechnen können.
22 Uhr 17
Thema Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern: "Ich weiß aus persönlichen Gesprächen, Kurz meint, die Pflichtmitgiedschaft gehört weg". Jetzt aber sei er davon abgekommen. Kurz weicht einer Antwort aus, eine Abschaffung der Pflichtmigliedschaft befürwortete er nicht.
22 Uhr 13
"Man weiß ja nicht, woran man ist bei der ÖVP", sagt Strolz und bezieht sich auf widersprüchliche Aussagen über die frühere Anhebung des Frauenpensionsalters. Die heute Vierzigjährigen werden 20 bis 35 Prozent weniger Pension bekommen, sagt Strolz. Dennoch habe auch die ÖVP den Anspruch aufgegeben, die Pensionen zu reformieren. Kurz sagt vage, "es muss sich was tun, aber mit Augenmaß". Einig sind sich die beiden, dass junge Menschen sich zusatzversichern sollten "wenn sie können".
22 Uhr 5
"Nur der Opposition keinen Punkt geben, das ist ein ganz elendes Rezept", schimpft Strolz. Alles was von der Opposition komme, "werde rituell beerdigt". "Regierungsparteien die Größe, Ideen aufzunehmen, egal, von wem sie kommen", sagt Kurz.
22 Uhr 2
Die Kalte Progression abzuschaffen sei auch sein Anliegen, sagt Kurz. Es jetzt nicht zu beschließen, sei nicht Wahltaktik, jeder würde das doch gut finden. Das Problem sei aber, wenn etwas nicht finanziert sei. Die Neos selbst wollten keine budgetrelevanten Beschlüsse vor der Wahl fassen, das halte er für richtig, sagt Kurz.
21 Uhr 59
Kurz streut Strolz Rosen für den Einzug ins Parlament. Er habe eine stärker Christlich-soziale Prägung, sagt Kurz. Er sei auch zehn Jahre Ministrant gewesen, wirft Strolz ein. Er meine das nicht religiös, erwidert Kurz. Den Neos wirft er "theoretische Konzepte" vor, die Stimme für diese Partei führten am Ende vielleich zu Rot-Blau, wer ihn wähle sorge dafür, dass kein Sozialdemokrat Kanzler sei.
21 Uhr 55
Wer der bessere Reformer sei, will Corinna Milborn nach der Pause wissen. "Wir sind das Original und freuen uns, wenn wir andere inspirieren", sagt Strolz. Er wisse noch nicht, wie ernst Kurz es meine, für was er stehe, das hörer er auch in der Bevölkerung, sagt Strolz. Die Abschaffung der Kalten Progression sei im Parlament an der ÖVP gescheitert, sagt Strolz.
21 Uhr 45
Beim EU-Rat der Entwicklungsminister sei Kurz nie gewesen, sagt Strolz. Er fahre nie zu Sitzungen, bei denen bereits vorher alles ausgehandelt sei, rechtfertigt sich Kurz und verweist auf die Steigerung der Entwicklungshilfegelder Österreichs. Diese wolle er weiter ausbauen.
21 Uhr 41
Schon 2015 habe er, Strolz, gepostet, er sei für Registrierzentren an den Außengrenzen. Es sei "unpackbar, dass die Regierung völlig unvorbereitet in dieses Chaos gestolpert ist". Er habe auch für Registrierzentren in Nordafrika plädiert, behauptet Strolz. "Da soll jeder einen Antrag stellen dürfen?", fragt Kurz, das würde nur noch mehr Menschen dorthin locken, was unehrlich sei. Den Vorwurf, er sei nur gut in der Analyse, nicht in der Umsetzung, weist Kurz zurück und verweist auf die Schließung der Balkanroute. Strolz erinnert daran, dass Kurz keine Rückführungsabkommen geschlossen hat.
21 Uhr 35
Der Anruf von Kurz beim Neos-Abgeordneten Sepp Schellhorn, ob er nicht Wirtschaftsminister werden wolle, erbost Strolz nach wie vor. "Die Wirtschaftskompetenz hat eine neue Heimat gefunden", sagt Strolz spöttisch.
21 Uhr 33
Wieso die Bewegung von Strolz, Kurz und Griss nicht zustande gekommen sei, fragt Corinna Milborn, die Moderatorin. Kurz wollte die 60 Millionen Parteiförderung der ÖVP nicht auslassen, weshalb das gemeinsame Forum nicht möglich gewesen sei, sagt Strolz. Das Rhetorik-Training, das Kurz bei Strolz absolviert hat, habe nichts gefruchtet, sagt Kurz: er stehe immer noch nicht breitbeinig da, wie er es ihm damals, vor über zehn Jahren empfohlen hatte.
21 Uhr 28
Matthias Strolz überreicht Kurz eine Ahnengalerie der ÖVP-Chefs, die dieser "gut vorbereitet ganz überraschend" beerbt habe. Kurz revanchiert sich mit einem Familienticket fürs Planetarium.
21 Uhr 10
"Wir können nicht allen helfen", ein Buch des Tübinger Bürgermeisters schenkt Kurz Lunacek. Die Pikanterie des Geschenks - Boris Palmer ist ein Grüner. "Niemand von den Grünen redet von unkontrollierter Zuwanderung", erwidert Lunacek und schenkt ihm das Buch: "Willkommen in Österreich" von den Flüchtlingskoordinatoren Christian Konrad und Ferdinand Maier. Ein versöhnliches Ende der Debatte, bei aller Uneinigkeit in der Sache.
21 Uhr 7
Sozialleistungen? fragt Lunacek. Nur die Mindestsicherung habe er gemeint, korrigiert Kurz.
21 Uhr 5
Sozialleistungen erst nach fünf Jahren überhole sogar noch die AfD, behauptet Lunacek. "Das müssen sie den Leuten erst erklären", sagte Lunacek. "Ich bin ein Verfechter der Niederlassungsfreiheit in der EU", erwidert Kurz. Er habe aber miterlebt, dass es massiven Widerstand gegen diese Niederlassungsfreiheit gebe, wegen der Sozialleistungen. Um die Niederlassungsfreiheit zu erhalten müsse man sich darauf besinnen, was ursprünglich gemeint war: "Nicht Zuwanderung in das beste Sozialsystem." Daher sollte es in den ersten fünf Jahren keine Sozialleistungen geben, sagt Kurz.
21 Uhr
Einig sind sich die beiden, dass in Europa in Fragen des Klimaschutzes intensiv zusammengearbeitet werden sollte. Die Sozialunion aber trennt die beiden sofort wieder. Ein Hirngespinst nennt Kurz die Idee, Lunacek fordert Anstrengungen, damit niemand in Europa unter der Arbeitsgrenze leben muß. Ob das der europäische Steuerzahler zahlen solle, fragt Kurz. "Jetzt kommt wieder die Neiddebatte", erwidert Lunacek.
20 Uhr 53
Sie sei froh über die Achse Macron-Merkel, da sie auf eine Stärkung Europas hoffe nach dem Brexit. Kurz schlägt ein "Europa der Subsidiarität" vor, in kleinen Fragen mehr nationale oder regionale Entscheidungskompetenz, bei den großen europäische Entscheidungen. Ob er denn für ein europäisches Heer sei? Sie nicht. Kurz verweist auf die Neutralität, ist aber für eine gemeinsame Beschaffung um Geld zu sparen, was bei Lunaceks Anhängern Gelächter auslöst.
20 Uhr 50
Sie sei gegen Wertekurse gewesen, weil diese nicht in den Deutschunterricht integriert gewesen seien, erklärt Lunacek und drängt auf andere Themen, etwa Europa, schließlich sei Kurz Europaminister.
20 Uhr 48
"Wir haben Gott sei Dank viel erreicht, aber es war extrem schwierig", erwidert Kurz. Gegen den Widerstand aller anderen habe er seine Politik machen wollen, heute schwenkten viele auf seine Linie ein. Die Grünen blieben wenigstens im Wahlkampf bei ihrer Linie, "andere schwenken auf meine Linie ein", behauptet Kurz.
20 Uhr 46
Ulrike Lunacek wirft Kurz vor, vorallem Vorwürfe in den Raum zu stellen. Kaum rede er davon, was von ihm erreicht worden sei als Integrationsminister. Es gibt noch viel zu tun", wirft er ein. Er sei in vielem Gescheitert, daher die Vorwürfe, vermutet Lunacek. Sie finde das problematisch. "Als Integrationsminister sind sie gescheitert."
20 Uhr 35
Kurz wirft den Grünen "falsch verstandener Toleranz" und spielt auf die Debatte über Vollverschleierung und Kreuze in Klassenzimmern an. "Die Grünen haben mich massiv kritisiert, als ich Deutsch vor Zuzug verlangte", sagte Kurz. Die Antwort erfolgt erst nach der Werbepause.
20 Uhr 29
Kurz spricht zum ersten Mal das Thema Migration an und kündigt eine Reform des Strafgesetzbuchs an, die Delikte gegen Leib und Leben höher bestraft. Lunacek wendet ein, das Ausmaß der Strafe sei bereits geändert worden. "Die Frage ist, wie die Gerichte damit umgehen."
20 Uhr 28
Ob man Parteienfinanzierung an eine Frauenquote knüpfen sollte, fragte Lunacek, Kurz hält das für willkürlich, weshalb er es ablehnt.
20 Uhr 20
Das Gespräch mit Ulrike Lunacek begann mit einer netten Geste: Sebastian Kurz überreichte seiner Gesprächspartnerin ein Dankschreiben des kosovarischen Ministerpräsidenten für ihren Einsatz für sein Land - in deutscher Sprache abgefasst. Lunacek wiederum überreichte Kurz eine Hochzeitstorte mit zwei Paaren, einem lesbischen und einem schwulen. Ob er nicht auch, wie Angela Merkel in Deutschland, die Abstimmung freigeben wolle, fragte Lunacek ihn.
Er sei gegen jegliche Diskriminierung, eine Unterscheidung im Namen aber halte er nicht für eine Diskriminierung, sagte Kurz. Der Ehebegriff sei "geschichtlich geprägt", auch durch die Religionen, das erkläre den Unterschied.