Präsident Gerhart Holzinger hat die Nachbesetzung seines und zweier Richterposten im Verfassungsgerichtshof eingeleitet: Am Montag teilte er dem Kanzler, der Nationalratspräsidentin, dem Bundesratspräsidenten und dem Bundespräsident in einem Brief mit, dass diese drei Positionen mit 1. Jänner vakant werden.
Über die Nachfolge wird wohl erst die nächste Regierung entscheiden. Denn am 15. Oktober wird der Nationalrat gewählt. Dauern danach die Regierungsverhandlungen lange, könnte es sein, dass die Nachfolger von Holzinger (von der Regierung vorzuschlagen), Rudolf Müller (Nationalrat) und von Eleonore Berchtold-Ostermann (Bundesrat) am 1. Jänner noch nicht ernannt sind.
Der VfGH bleibt aber handlungsfähig: Vizepräsidentin Brigitte Bierlein übernimmt vorübergehend die Aufgaben des Präsidenten, die Mitglieder werden bei Sessionen von Ersatzmitgliedern vertreten. Der Präsident und die beiden VfGH-Mitglieder wurden heuer 70 Jahre alt und müssen deshalb mit Jahresende in Pension gehen.
Die Ausschreibung muss laut Gesetz "unverzüglich" erfolgen - das heißt binnen einem Monat nach Holzingers Brief. Bis dahin ist weder der neue Nationalrat konstituiert noch die neue Regierung angelobt, also werden jedenfalls Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) dafür zuständig sein. Der Bundesrat mit Präsident Elgar Mayer (ÖVP) könnte seine Nominierung theoretisch ungeachtet der NR-Wahl vornehmen.
Es ist aber davon auszugehen, dass die neue Regierung alle drei Posten "im Paket" besetzt. Denn die Besetzung von VfGH-Positionen erfolgt nach parteipolitischen Gesichtspunkten - was bedeutet, dass sich Koalitionspartner das Vorschlagsrecht aufteilen. Sollte die FPÖ der neuen Regierung angehören, hat sie schon jetzt zwei der drei Positionen für sich reklamiert.
Derzeit findet sich unter den 14 VfGH-Mitgliedern (inkl. Präsident und Vizepräsidentin) und sechs Ersatzmitgliedern kein einziges von der Freiheitlichen nominiertes. Holzinger ist parteiunabhängig und wurde konsensual von der Großen Koalition vorschlagen, war aber der Wunschkandidat der SPÖ. Müller kam auf einem SPÖ-Ticket in den VfGH, Berchtold-Ostermann auf einem ÖVP-Ticket.
Ein Grazer könnte VfGH-Chef werden
Sollte die ÖVP den nächsten Kanzler stellen, liegt die Auswahl des Präsidenten wohl bei der Volkspartei - und mögliche Präsidenten-Nachfolger aus dem VfGH sind dann der aus Graz stammende Verfassungsrichter Christoph Grabenwarter oder Georg Lienbacher.
Die Ausschreibung für VfGH-Posten dauert üblicherweise vier Wochen. Danach führen Nationalrat und Bundesrat Hearings durch. Ernannt werden VfGH-Mitglieder von Bundespräsident Alexander Van der Bellen.