Auf den TV-Konfrontationen ruhen die Hoffnungen von SPÖ-Chef Christian Kern, den Rückstand gegenüber Herausforderer Sebastian Kurz (ÖVP) noch wett zu machen. Es ist das Terrain, auf dem er sich wohl fühlt, auch wenn Kontrahenten wie Donnerstagabend Neos-Spitzenkandidat Matthias Strolz auf Angriff gepolt sind.
Die beiden habe sich bereist drei Tage zuvor bei der Konfrontation auf Puls 4 "war geredet". Im Gespräch mit ORF-Moderatorin Claudia Reiterer war die Atmosphäre ruhiger, wenngleich sehr zielgerichtet: Beide Spitzenkandidaten adressierten das jeweils eigene Publikum. Die Frage von Reiterer am Schluss, ob sie im Zuge dieses Gespräches auch mehr Vertrauen zueinander gewonnen hätten, beantworteten sie zögerlich: Letzten Endes werde es um die Gemeinsamkeiten geben, so Kern. Und die seien zwar vorhanden, etwa im Bereich der Bildungspolitik, aber in vielen anderen Bereichen nicht zu sehen: "Wir machen Politik für jene 95% der Österreicher, die arbeiten gehen, die Neos eine neoliberale Politik für die anderen."
"Plan A wie Ablöse durch Doskozil"
Strolz, auch zu Ende der Debatte quasi mit gezücktem Degen: Die Frage stelle sich nicht, weil ohnehin Sebastian Kurz in Richtung Kanzler unterwegs sei und nicht Kern. "Kern ist kein unangenehmer Zeitgenosse, aber der Plan A ist ein Plan Ablöse durch Doskozil."
In der Sache unterstrich Kern seine Ankündigung, die Bezieher von hohen Pensionen zur Kasse zu bitten: "Wir wollen die Pensionssicherungsbeiträge verdoppeln." Strolz wirkte fast verblüfft und antwortete, genau dafür brauche es die Neos, als Stachel im Fleisch der großen Parteien. Kern konterte kühl: "Nein, dafür braucht es mich als Vorsitzenden der SPÖ."
Die Pensionen auch der Jungen sieht Kanzler Kern durch den Wirtschaftsaufschwung gesichert. Strolz hingegen sieht die Alarmglocken läuten: Die Jugend von heute werde Pensionen beziehen, die um 30 Prozent unter denen von heute liegen. "Wann reden wir endlich über Betriebspensionen und private Vorsorge?" Kern blockte ab: Eine Pensionistin bekomme heute in Deutschland durchschnittlich 600 Euro Pension, in Österreich 1.200 Euro. Sprich: Der Vergleich mache sicher.
In Bezug auf einen Streit darüber, wie viel die Pensionen heuer kosten, lieferte der ORF einen Faktencheck nach.
Flexibilität bei Arbeitszeiten
Es brauche Veränderungen in Richtung mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten - da waren sich Kern und Strolz einig. Allerdings: Diese Veränderungen müssten sozial verträglich sein. Im Detail lagen da Welten zwischen den beiden: Strolz nannte eine Mitarbeitern als Beispiel, die am Abend, wenn die Kinder schliefen, noch "ein Projekt fertig machen" wolle, und durch das Arbeitszeitgesetz daran gehindert werde. Kern verwies ihn auf die Realität der Kassiererinnen, Verkäufer und Bürokräfte, die zwar flexibel arbeiten wollten, aber nicht dem Diktat von Arbeitgebern ausgeliefert werden dürften.
Keine gemeinsame Linie zu Mieten
Auch in der Frage der Mieten gab es keine gemeinsame Linie von Kern und Strolz. Strolz sprach Fälle im sozialen Wohnbau an - auch Taferln kamen ins Spiel -, wo Funktionäre zu hohe Bezüge hätten und die SPÖ oder ihr nahestehende Organisationen sich Billigstmieten sicherten. Kern stimmte zu. Allerdings: "Das Problem der Mieter, die sich die Wohnungen nicht mehr leisten können, lösen wir so nicht." Und die Neos hätten dem Versuch der SPÖ, dem über eine Mietzinsbeschränkung Einhalt zu gebieten, im Parlament diese Woche leider die Zustimmung verweigert.
Souverän Moderatorin Claudia Reiterer, die für eine Gesprächsatmosphäre sorgte, in der jeder der beiden seine Position vermitteln konnte und viele Themen zur Sprache kamen. Wohltuend: Das Thema Migration blieb in dieser Konfrontation zur Gänze ausgespart.