Im ersten ORF-Duell zur Nationalratswahl sind FPÖ und Grüne aufeinandergetroffen - und auch aneinandergeraten. Rasante Themenwechsel machten es dabei schwer, der Konfrontation inhaltlich zu folgen. Für die Grünen stellte sich Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek dem Duell, bei den Freiheitlichen schickte Heinz-Christian Strache seinen Stellvertreter, den blauen Listenzweiten Norbert Hofer.
Das von Tarek Leitner moderierte Duell verlief über weite Strecken hektisch, auch weil sich Hofer und Lunacek mehrmals gegenseitig unterbrachen und so von einem Thema zum nächsten kamen. Hofer etwa fiel Lunacek bei ihren Ausführungen zur EU-Position der Grünen im Sekundentakt gleich fünfmal hintereinander mit "Und die Türkei?" ins Wort. Dabei hatte Hofer noch zu Beginn der TV-Sendung gemeint: "Ich habe mir heute vorgenommen, besonders nett zu Ihnen zu sein."
Menschenrechtskonvention "nicht zeitgemäß"
Lunacek warnte Hofer davor, die Europäische Menschenrechtskonvention infrage zu stellen. Diese sei Grundlage für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union und würden den Austritt aus der EU bedeuten. Hofer verteidigte die von der FPÖ geforderte Evaluierung damit, dass die Europäische Menschenrechtskonvention nicht mehr zeitgemäß sei, weil sie aus den 50er-Jahren stamme und noch die Todesstrafe enthalte. Stattdessen sollte in einer "Österreichischen Menschenrechtskonvention" das "Recht auf die eigene Heimat" festgeschrieben werden, so Hofer.
Die beiden Politiker warfen sich gegenseitig vor, Österreich abschaffen zu wollen. Lunacek argumentierte dies mit einer umstrittenen Festschrift von Hofers Burschenschaft, die schon im Präsidentschaftswahlkampf voriges Jahr breit thematisiert worden war. Hofer wiederum verwies darauf, dass die Grünen die Vereinigten Staaten von Europa anstreben würden.
Während Hofer und Lunacek beim Thema Wahlrecht - Stichwort: Wahlrecht für EU-Ausländer und Briefwahl im Inland - auf keinen grünen Zweig kamen, war man bei der Stärkung der direkten Demokratie gar nicht so weit auseinander. Lunacek erklärte, etwa beim Handelsabkommen CETA für eine Volksbefragung zu sein und lobte die Einbeziehung von Bürgern in manchen Gemeinden. Zweiteres ließ Hofer allerdings nicht als ein Mehr an direkter Demokratie gelten: "Das über Kanaldeckel abgestimmt werden darf, ist mir zu wenig." Lunacek wiederum nahm die Volksabstimmung über den EU-Beitritt zum Anlass, um der FPÖ vorzuwerfen, trotz einer Zwei-Drittel-Mehrheit den Willen der Bevölkerung ignoriert zu haben und im Parlament gegen den Beitritt gestimmt zu haben.
Die Rede von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker beurteilten sowohl Hofer als auch Lunacek skeptisch - allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Lunacek sagte, sie möchte, dass die Kriterien für den Beitritt zum Euro bei Rumänien und Bulgarien nochmals überprüft werden. Hofer stellte sich gegen eine Erweiterung des Schengenraumes, dieser "funktioniert ja jetzt schon nicht".
Der "Nazikeule" (Hofer) konterte dieser mit einem Foto vom sogenannten Schwarzen Block, also von linken gewaltbereiten Demonstranten und sagte zu Lunacek: "Das sind ihre Freunde". Lunacek wiederum konfrontierte Hofer mit freiheitlichen Mandataren, die ägyptische Vertreter der Muslimbrüder ins Parlament einluden. Lunacek: "Das sind ihre Freunde, das sind ärgste Islamisten". Beide Kontrahenten wiesen die wechselseitigen Vorwürfe zurück.
In der Frage der Klimapolitik gestand Hofer ebenso wie Lunacek Handlungsbedarf. Wenn man den Anteil der erneuerbaren Energie erhöhe, sei auch unerheblich, wie groß der Einfluss des Menschen tatsächlich auf den Klimawandel ist, meinte Hofer. Die FPÖ sei allerdings gegen das Pariser Klimaschutzabkommen, da es Staaten mit Kernkraftwerken bevorteile.