Die Diskussion um Parteispenden hat eine neue Dimension erreicht. Die SPÖ klagt ÖVP-Chef Sebastian Kurz wegen dessen Behauptung, Hans Peter Haselsteiner habe der SPÖ 100.000 Euro gespendet. Was ist davon zu halten?
HUBERT SICKINGER: Klagen sind in der österreichischen Politik gewissermaßen das nachdrücklichste Mittel, Missbilligung oder ein besonders scharfes Dementi auszudrücken, ein einfaches Dementi wird ja gerne ignoriert. Generell stellt sich aber schon die Frage, warum Herr Haselsteiner als Neos-Mitglied jetzt für die SPÖ spenden sollte.

Der Vorwurf lautet, dass die Spende über „Vereinskonstruktionen“ gelaufen sein soll.
SICKINGER: Bei solchen Vereinen oder Initiativen haben wir tatsächlich das Problem fehlender Transparenz. Wenn jemand beispielsweise eine Initiative gegen Schwarz-Blau gründet oder eine publizistische Plattform unterstützt, die einer Partei Rückenwind geben will, ist das etwas anderes als eine Spende an eine politische Partei. Das ist typische „issue advocacy“ - also der Versuch politische Themen und Anliegen zu unterstützen, aber nicht einen einzelnen Kandidaten oder eine konkrete Partei. Als Haselsteiner im Präsidentschaftswahlkampf die „Nein zum Öxit“-Kampagne gestartet hat, war man beim Team Van der Bellen nicht nur glücklich drüber.

Wie könnte man Parteienfinanzierung über Vereine oder Vorfeldorganisationen transparenter machen?
SICKINGER: Wenn parteinahe Organisationen oder Personenkomitees nicht nur über ehrenamtliche Arbeit, sondern auch mit kommerziellen Werbemitteln in den Wahlkampf eingreifen, sollte das über eine einer Bagatellgrenze von 10.000 Euro rechenschaftspflichtig gemacht werden. Was eindeutig über zivilgesellschaftliches Engagement hinausgeht und eindeutig Wahlwerbung ist, müsste gleich behandelt werden wie Parteienfinanzierung, etwa bei der Offenlegung von Spenden.

Die ÖVP setzt im Wahlkampf auf Transparenz und betont, dass alle Spenden auf der Website veröffentlicht werden. Ein geschickter Schachzug?
SICKINGER: Auf jeden Fall. So kann sie auch immer darauf hinweisen, dass der völlig überwiegende Teil ihrer Spender Kleinspender sind. Dass ein ebenso überwiegender Anteil des Spendenertrags tatsächlich aus dem vergleichsweise wenigen Großspenden stammt, wird so geschickt überdeckt. Allerdings werden nur Spenden an die Bundespartei ausgewiesen. Was in den Bundesländern oder Teilorganisationen wie dem Wirtschaftsbund passiert, bleibt außen vor.