Mit einer vermeintlich illegalen Schule ist Milli Görüs ins Blickfeld geraten. Wie ist diese islamische Bewegung einzuschätzen?
KENAN GÜNGÖR: Die Gruppe wird als fundamentalistisch beschrieben und in Deutschland auch vom Verfassungsschutz beboachtet. In Deutschland und Österreich sind sie sehr darauf bedacht, sich im Rahmen der Verfassung zu bewegen und somit im legalen zu bleiben. Ein Teil der Bewegung steht mittlerweile der AKP nahe und fühlen sich staatlich gestützt. Sie steht für eine strenge, konservative Auslegung des Islam.
Wie bedeutend ist der Einfluss von Milli Görüs?
GÜNGÖR: Generell haben nur 20 bis 30 Prozent der Muslime in Österreich Bezug zu islamischen Organisationen und Vereinen. Ein Problem ist, dass solche Gruppen sich als Repräsentanten der gesamten, d.h. auch der nichtorgansierten säkularen Muslime verstehen wollen und sehr oft auch als solche wahrgenommen werden. Sie sind stark aktivistisch tätig und wollen ihren Einflussbereich erweitern.
Indem sie Schulen und Kindergärten betreiben?
GÜNGÖR: Ja, es geht Ihnen auch um streng konservativ-religiöse Erziehung. Wir haben das Phänomen, dass sehr lange nicht hingeschaut wurde. Aus unterschiedlichen Gründen: Weil das Thema gar nicht wahrgenommen wurde, es aus Gehässigkeit abgelehnt wurde oder man sich anwaltschaftlich für diese Gruppe eingesetzt hat. Hier gilt es kritischer nachzufragen und präziser zu werden. Welche Strukturen wurden hier etabliert, welche Ideologien kommen herein?
Das Islamgesetz sollte zumindest Finanzierung aus dem Ausland abstellen.
GÜNGÖR: Das Problem ist nicht der Einfluss aus dem Ausland. Wäre die Türkei an einem konstruktiven, brückenbauenden Einfluss interessiert, wäre das zu unterstützen. Aber jetzt haben wir es eher mit desintegrativen, polarisierenden Einflüssen zu tun. Und über findige Wege, Fonds, Stiftungen, gibt es Wege zur Querfinanzierung. Hier brauchen wir mehr Transparenz.