Der von der SPÖ gekündigte Ex-Berater von Bundeskanzler Christian Kern, Tal Silberstein, muss nach seiner Festnahme am Montag in Israel nun zumindest vier Tage in Haft bleiben. Der Vorwurf, er habe neun Millionen Euro Schmiergeld für eine Schürflizenz in Guinea bereitgehalten, wird derzeit untersucht.
Silberstein ist eine facettenreiche Figur, er gilt international als ein Spezialist für sogenanntes "negative campaigning". Das sind Wahlkampagnen, bei denen vor allem die Schwächen und Nachteile der anderen Parteien und Kandidaten betont werden. Bereits im Jänner gab es deshalb Aufregung um Silbersteins Engagement für Kern: Nach Berichten, die SPÖ würde das Privatleben von ÖVP-Chef Sebastian Kurz durchleuchten, übte die ÖVP Kritik.
"Eine harte inhaltliche Auseinandersetzung ist in Ordnung, aber es ist kontraproduktiv und eine Unkultur, wenn diese neue Form des Dirty Campaigning, für die Tal Silberstein steht, auch bei uns Einzug hält", sagte damals ÖVP-Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter.
Silberstein trat in Österreich erstmals im Jahr 2001 in Erscheinung, als er im Wiener Landtagswahlkampf für die Kampagne des SPÖ-Bürgermeisters Michael Häupl verantwortlich zeichnete. In der Folge beriet er die Bundes-SPÖ unter dem damaligen Oppositionsführer Alfred Gusenbauer in den Nationalratswahlkämpfen 2002 und 2006. Im Team mit dabei war damals auch Bill Clintons ehemaliger Berater Stanley Greenberg. Mit Gusenbauer war Silberstein auch geschäftlich verbunden.
Auch in Israels Innenpolitik mischte Silberstein damals kräftig mit. Dort war er nicht nur hinter den Kulissen für die 2005 gegründete Vorwärts-Partei ("Kadima") tätig, sondern trat auch öffentlich für die Politik von Israels damaligem Regierungschef Ehud Olmert ein. Als Olmert 2007 nach einem Bericht über schwere Fehler im Libanon-Krieg unter Druck geriet, wurde er von Silberstein im Militärrundfunk vehement verteidigt.
Der Polit-Guru war auch für Israels ehemaligen Ministerpräsidenten Ehud Barak tätig. Außerdem beriet er in der Ukraine die Ex-Ministerpräsidentin und spätere Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Timoschenko wurde 2011 in Kiew wegen Bestechung und Amtsmussbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt, 2014 aber aus der Haft entlassen. Silberstein beriet auch diverse Spitzenpolitiker in Rumänien. Bereits dort geriet er ins Visier von Korruptionsjägern, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wurde angestrengt.
Bei der Wien-Wahl im Jahr 2015 war Tal Silberstein auch für die österreichischen Neos beratend tätig - er half bei der Konzeption und Auswertung von Marktforschung. „Er hat einen sehr interessanten, sehr anderen Blick auf die Dinge“, sagte damals die Neos-Kandidatin Beate Meinl-Reisinger zur "Presse".
Auch in Österreichs politiknaher Wirtschaft kennt man Silberstein: Zu Jahresbeginn 2016 klagte er die Österreichischen Lotterien, eine Tochter der Casinos-Gruppe, wegen eines geplatzten Projekts auf 822.000 Euro Schadenersatz, wie damals das Nachrichtenmagazin "profil" berichtete.
Silberstein wollte demnach über seine maltesische Fondsgesellschaft "Novia" mehr als 200 Millionen Euro in das von den Lotterien betriebene Geschäft mit Video Lottery Terminals investieren und führte ab Frühjahr 2014 darüber Gespräche. Die Casinos-Gruppe stieg aber im April 2015 aus den Verhandlungen aus. Silberstein klagte projektbezogene Aufwendungen für Reisen, Rechts-, Steuer- und sonstige -beratung ein. Silbersteins Rechtsanwalt in dieser Sache ist übrigens der Wiener Jurist Leopold Specht, der seinerseits immer wieder als SPÖ-Berater in Erscheinung trat.
Bei der Novia Fund Management Limited mit Sitz in Malta fungiert laut "profil" Ex-Bundeskanzler Gusenbauer als nicht-geschäftsführender Direktor. Bis vor kurzem habe auch Ex-Raiffeisen-Manager Herbert Stepic den Titel eines "Non executive"-Direktors der Novia geführt.
Kern wollte sich "nicht auseinandersetzen"
In der SPÖ muss man sich möglicherweise vorwerfen, bei Silberstein nicht genau genug hingesehen zu haben. Als Bundeskanzler Kern im heurigen Jänner von Journalisten auf die Ermittlungen gegen seinen Berater in Rumänien angesprochen wurde, tat er die Vorwürfe gegen den Berater als "völligen Unsinn" ab. Kern damals wörtlich: "Sie müssen den Herrn Silberstein selber fragen. Ich möchte mich damit wirklich nicht auseinandersetzen."
Inzwischen hat die Absetzbewegung der SPÖ vom Berater voll begonnen. Der SPÖ-nahe Anwalt Georg Zanger schreibt auf Facebook: "Silberstein ist kein Mitglied der SPÖ! Für externe Berater gibt es keine Haftung!"