Wie bewerten Sie das Umfragetief der SPÖ?

THOMAS HOFER: Christian Kern liegt besser als Werner Faymann bei seinem Abgang, aber ich sehe kaum Wachstumspotenzial.  Kurz wildert im FPÖ-Lager, um das auszugleichen, müsste die SPÖ in Grün- und Neos-Schichten eindringen. Durch die Kandidatur von Peter Pilz und das chaotische Wahlkampfmanagement ist das schwierig geworden. Kern-affine Wirtschaftstreibende wurden schon durch die Aussagen zur Maschinensteuer vertrieben.

Ist dieses Umfragetief auch selbst verschuldet?

HOFER: Die Tür zu Rot-Blau macht die SPÖ verständlicherweise jetzt auf, aber nur zaghaft. Da ist kein einheitlicher Guss, keine Strategie, kein Zug, kein machtstrategisches Zentrum in der Partei. Daher bleibt man dort picken, wo man ist.

Was muss die SPÖ tun, um vom Fleck zu kommen?

HOFER: Sie muss hoffen, dass ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz noch Fehler macht, dass der Glanz eher früher als später abblättert von ihm. Kurz  kommentiert ja nicht einmal mehr, was von der SPÖ kommt. Das ist schwierig.

Ist es strategisch für die SPÖ richtig, auf das Thema Sicherheit zu setzen?

HOFER:  Das Thema Sicherheit kann die SPÖ nicht ignorieren, mit Doskozil hat man auch den richtigen Mann dafür. Aber mit diesem Thema kann die SPÖ die Wahl nicht gewinnen. Sie muss die Diskussion auf die eigenen Stärke Felder lenken, auf die Soziale Frage, Gerechtigkeitsfragen, die Steuerfrage. Da hat man ja auch einen Spitzenkandidaten, der diese Stärken hat.

Dessen Team ihn aber offenbar nicht optimal verkauft.

HOFER: Es ist fahrlässig, wie man da agiert hat in den letzten Wochen, beginnend mit dem Tag des Mitterlehner-Rücktritts. Kern hätte Schüssel imitieren, das schwarze Knittelfeld ausrufen müssen. Mitterlehner hat ja selbst vom Brutus geredet. Kern hätte die Flucht nach vorn antreten, selbst Neuwahlen ausrufen müssen. Seither ist er Passagier. Da muss die SPÖ jetzt herausfinden, das ist schwierig genug. Ohne dass Kurz Fehler macht, wird es schwer, ihn einzuholen.

Unmöglich, wie manche in der SPÖ schon fürchten?

HOFER: Nein, der Wahlkampf ist noch lang, er dauert noch zweieinhalb Monate. Fix ist da noch nix, aber die strategischen Voraussetzungen sind nicht die besten.

Sie haben auch Kritik am Parteiprogramm geübt, das heute präsentiert wird?

HOFER: Nicht am Programm, das ja viel vom Plan A hat, sondern am Slogan: "Hol dir, was dir zusteht." Das ist eine Refokussierung auf die Zielgruppen der SPÖ, aber es hat nichts mehr zu tun mit Solidarität, mit dem, was Kennedy gemeint hat, als er gesagt hat: Frage nicht, was das Land für dich tun kann, sondern, was du für das Land tun kannst. Der Slogan ist ein Programm gewordener Egotrip. Es gibt natürlich Zielgruppen, die endlich Gerechtigkeit wollen, und zwar für sich, und die  will man ansprechen. Es wirkt halt ein wenig wie der verzweifelte Versuch,  diese Zielgruppen, die zum Teil zur FPÖ übergelaufen sind, mit Gewalt zurückzuzerren.