Starke Worte fand Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) beim Bundesparteirat in der Wiener Messe, wo er seinen Genossen das Wahlprogramm zur Abstimmung vorlegte. Worte, auf die die zuletzt verunsicherten Delegierten sehnlichst gewartet hatten. "Ich werde kämpfen. Dieses Land braucht einen Plan, und wir haben einen." Sein Schlussplädoyer, auch an die Adresse der Wähler: "Mein Name ist Christian Kern. Ich bin der Bundeskanzler dieses wunderbaren Landes und ich werde es mit Ihrer Unterstützung bleiben. Weil Sie sich holen werden, was Ihnen zusteht“
Kern wandte sich dabei frontal gegen die ÖVP. Vor über 600 Delegierten und Gästen übte er heftige Kritik an deren Großspendern."Die Förderer öffnen nicht ihre Herzen, sondern ihre Geldbörsen", aber hinter der "Fassade" gehe es immer um ganz konkrete Interessen, warnte er. "Eure Finanzkraft beeindruckt mich nicht", meinte Kern Richtung ÖVP, und "eure Zeitungsfreunde beeindrucken mich noch weniger", übte sich der SPÖ-Chef auch in Medien-Bashing.
SPÖ stellt Weichen für Nationalratswahl
Die SPÖ brauche kein "Popstar-Casting" für die Wahllisten und müsse sich auch nicht als neu darstellen. "Wir sind nämlich nicht neu - im Gegenteil, unsere Idee hat eine stolze Geschichte", nämlich "dass alle Menschen gleich viel wert sind" und "alle das Recht haben auf ein gutes Leben". Wenn man sich nur um sein Einkommen als Chef einer Bank oder eines Konzerns schere und "kein soziales Gewissen" habe, "dann wählen Sie am besten die Schwarz-Türkisen oder die Blauen", empfahl Kern.
Die besten Zitate:
"Wir haben viele Kämpfe geführt und gewonnen und wir sind noch lange nicht zu Ende. Wir lassen nicht nach, bis das Ziel erreicht ist, bis alle Österreicheerinnen und Österreicher davon profitieren, dass wir in einem der reichsten Länder der Welt leben."
"Es gibt Parteien, die sorgen dafür, dass Millionerben und internationale Konzerne keine Steuern zahle, und andere, die dafür sorgen, dass Nenschen zum Arzt gehen können, dass ihre Kinder auf die besten Schulen gehen können und dass sie ein Auskommen haben. Am Wahltag muss sich jeder fragen: Wer vertritt eigentlich meine Interessen?"
"Erfolg ist kein Zufall. Wir haben den Beschäftigungsbonus, die 20.000 neuen Jobs für ältere Arbeitslose, die Erhöhung der Stipendien, die Ausbildungsgarantie bis 25, den Privatkonkurs Neu durchgefochten gegen die ÖVP."
"Österreich wird reicher. In den Geldbörsen, im Gesundheitssystem, in den Schulen kommen die Milliarden nicht an. Ich kämpfe jeden Tag darum, dass vom Aufschwung alle profitieren, nicht nur ein paar wenige."
"Ich biete der Wirtschaft einen Pakt an, mit Investitionen für ein starkes Österreich, mit einer Senkung von Steuern und Lohnnebenkosten. Aber ich erwarte mir einen fairen Deal: Kein Ausnützen prekärer und Teilzeitverhälnisse."
"Zu allen Vorschlägen gibt es eine solide Gegenfinanzierung. Wir werden nichts versprechen, was wir nicht halten können."
"Wir werden unseren Sozialstaat nicht zerstören lassen. Darauf könnt ihr euch verlassen. Wir werden dafür kämpfen, dass Österreich ein Land bleibt, wo Starke gerne Verantwortung für Schwache übernehmen."
"Wir werden die Pensionisten nicht verunsichern: 45 Jahre sind genug gebuckelt. Es gibt keine Veranlassung, Menschen bis 70 arbeiten zu lassen. Das halten die Busschauffeure, die Krankenschwestern nicht durch."
"Wer hat denn die Polizisten abgebaut? Dafür gesorgt, dass in ganzen Bezirken nur eine Streife ungterwegs ist, dass hunderte Polizisten und Ausrüstung fehlen und mangelnde Ausrüstung? Wir nicht, aber wir werden es nach dem 15. Oktober wieder in Ordnung bringen."
Christian Kern wurde mit heftigem Applaus begrüßt. Zuvor hatte er die aufgewühlten Gemüter im Parteivorstand beruhigt: Das Außenbild einer Partei sei oft anders als deren inneres Erscheinungsbild. Die Partei werde künftig ein geschlossenes Bild nach außen präsentieren und starte mit voller Kraft in den Wahlkampf.
Kern will Österreich innerhalb von zehn Jahren zu einem Vorzeigeland machen. "Wollt Ihr ein paar flotte Sager, oder wollt Ihr ein Programm? Das ist die Entscheidung am 15. Oktober!"
Es werde nicht leicht sein, die ÖVP zu überflügeln. "Aber habt Ihr es reicht?" Man könne den Kampf mit einem Lächeln auf den Lippen führen, "weil wir für die richtige Sache eintreten", "für die kämpfen, die zu kurz gekommen sind", "die jeden Tag arbeiten gehen und trotzem zu wenig haben." Mit der SPÖ werde es zu keinem sozialen Kahlschlag kommen.
Appell an die Delegierten
Kern macht den eigenen Funktionären Feuer unter dem Hintern: "Wer nicht kämpfen will, der soll es jetzt sagen. Denn die Menschen brauchen uns, sie verlassen sich auf uns!" Die haben darauf gewartet, sie spenden heftigen Applaus. "Ich will, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher am 15. Oktober holen, was ihnen zusteht", hakt Kern noch einmal nach.
Es war die Rede, auf die die Delegierten gewartet hatten. Minutenlanger Applaus folgte. In der darauffolgenden Diskussion gab es ausschließlich Gelöbnisse, Kern im Wahlkampf aktiv zu unterstützen. Nur die Jugend kritisierte, dass man in die endgültige Erstellung nicht eingebunden war, und dass die SPÖ Abschied vom freien Hochschulzugang genommen habe.
Das Parteiprogramm wurde schließlich einstimmig beschlossen, die Bundesliste mit großer Mehrheit (92,66 Prozent). Auf den ersten zehn Plätzen: Christian Kern, Pamela Rendi-Wagner, Wolfgang Katzian, Gabriele Heinisch-Hosek, Thomas Drozda, Doris Bures, Andreas Schieder, Muna Duzdar, Georg Niedermühlbichler, Elisabeth Feichtinger. Auf Platz 11 folgt der Steirer Mario Lindner.
"Der coolste Spitzenkandidat"
Die brütende Hitze des Tages sei durchaus passend, befand Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler schon in seiner Begrüßung, werde es doch "der heißeste Wahlkampf". Parteichef Christian Kern sei der "coolste Spitzenkandidat".
Wiens Bürgermeister Michael Häupl riieb sich gleich so richtig an Kern-Konkurrent Sebastian Kurz. Dessen inhaltliche Entsamkeit sei bemerkenswert. Sein Wahlprogramm wolle er offenbar erst Ende September präsentieren. "Ich habe schon eine bessere Verarschung erlebt". Er, Häupl, schlage Kurz vor, das Programm überhaupt erst am 16. Oktober zu präsentieren!
Appell gegen Schwarz-Blau
Schwarz-blau unter einem Kanzler Kurz und einem Vizekanzler Heinz Christian Strache gelte es unbedingt zu verhindern, so Häupl: "Wer noch nicht genug Motivation verspürt, der möge sich das einmal vorstellen. "Dagegen werden die 6 Jahre, unter denen wir schon einmal gelitten haben, ein Schmarrn sein."
Auf 200 Seiten werden mit dem Parteiprogramm Inhalte präsentiert, die großteils bereits aus dem „Plan A“ des Kanzlers bekannt sind.
Das Programm
So soll der Faktor Arbeit um 5,3 Milliarden Euro entlastet werden, zudem sollen ein Mindestlohn von 1500 Euro und eine Wertschöpfungsabgabe kommen. Grünes Licht soll es auch für den Zwölf-Stunden-Tag bei Gleitzeit geben, aber nur, wenn längere Freizeitblöcke möglich sind.
Bürgern aus ärmeren EU-Staaten soll der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt erschwert werden, Lehrlingen winkt der kostenlose Führerschein im Rahmen der Berufsschule.
Für Mindestpensionisten soll es laut Plan Verbesserungen geben, zudem will Kern die Unternehmer entlasten – mit 4,4 Milliarden Euro, wie er gestern verkündete. Auch an die Frauen hat man gedacht. Teilzeitarbeitskräfte sollen Überstundenzuschläge von 50 statt 25 Prozent bekommen. „Arbeit muss sich lohnen – gerade auch für Frauen“, erklärt SPÖ-Frauenminister Pamela Rendi-Wagner.
Claudia Gigler