Die Grünen haben am Sonntag in Linz ihre neue Doppelspitze gekürt. Ingrid Felipe wurde mit 93,7 Prozent der Delegiertenstimmen zur neuen Bundessprecherin, Ulrike Lunacek mit 96,5 Prozent zur Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl gewählt. Die beiden folgen der im Mai zurückgetretenen bisherigen Grünen-Chefin Eva Glawischnig nach, die beim Bundeskongress fehlte - aus privaten Gründen, wie es hieß.
Nach dem Abgang von Glawischnig haben die Grünen nun noch einen prominenten Agang zu verzeichnen: Denn im Kampf um Listenplatz vier bei der Nationalratswahl blieb Parlaments-Urgestein Peter Pilz auf der Strecke. Der grüne Aufdecker verlor die Stichwahl gegen Julian Schmid. Schmid wurde von 55,42 Prozent der Deligierten gewählt, Pilz lediglich von 44,58 Prozent. Pilz schloss bereits im Vorhinein aus, für einen anderen Listenplatz zu kandidieren. Nach der Abstimmung gestand der innerparteilich nicht gerade beliebte Pilz seine Niederlage bereits ein: "Das war eine demokratische Entscheidung, die respetiere ich". Pilz bedankte sich für eine "schöne Zeit" - und freue sich nun auf seinen neuen Lebensabschnitt, erklärte der Eurofighter-Aufdecker. Fragen von Journalisten will Pilz heute keine mehr beantworten: "Es ist vorerst alles gesagt", so das Gründungsmitglied der Grünen. Die neugewählte Parteichefin war vom Abgang nicht sehr begeistert: "Es macht mich betroffen, dass er geht". Felipe habe ihn gebeten, auf einem anderen Listenplatz weiterzumachen - doch Pilz habe abgelehnt. "Das ist zu respektieren", so Felipe zur "Kleinen Zeitung". Es werde nun "schwierig", den Abgang dieses "großen grünen Politikers" zu kompensieren, sagte Felipe.
"Wege haben sich getrennt"
Ein Versuch, Pilz doch noch zu halten bzw. umzustimmen, ist gescheitert. Klubchef Albert Steinhauser hatte die Idee geäußert, Pilz einen hinteren Listenplatz zu verschaffen und ihm einen Vorzugsstimmenwahlkampf zu finanzieren. Dieser lehnte ab. "Unsere Wege haben sich in Linz getrennt", sagte Pilz zur APA.
Bedauern darüber, dass Pilz ausschließlich für Listenplatz vier kandidiert hatte und nach seinem Scheitern den Ausstieg aus der Politik verkündet hatte, kam auch von Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek. "Ich hätte ihn gerne im nächsten Nationalratsklub gehabt", sagte sie vor den Delegierten. Sie wolle mit ihm im Gespräch bleiben und schauen, ob Pilz die Grünen im Wahlkampf unterstützen könnte.
"Wahl gewinnen"
Fast in den Hintergrund rückte somit die inhaltliche Komponente des Bundeskongresses. Die zentrale Botschaft: Felipe und Lunacek positionierten die Grünen in ihren Reden einmal mehr als Alternative zu einer FPÖ-Regierungsbeteiligung im Bund, warnten vor einem weiteren Rechtsruck in Österreich und zeigten sich überzeugt, "dass wir diese Wahl am 15. Oktober gewinnen können". Man wolle der Krisenstimmung, Lähmung und Angst in der Gesellschaft etwas entgegensetzen. Grüner Fokus sei es, dass es am 16. Oktober eine ökologische, soziale, pro-europäische Mehrheit mit starken Grünen in Österreich gibt", sagte Felipe.
Grüne wählten mit Felipe und Lunacek neue Doppelspitze
Ähnlich die frisch gekürte Spitzenkandidatin Lunacek: Sie bezeichnete die Nationalratswahl als "Richtungsentscheidung" für Österreich. "ÖVP und SPÖ sind in den letzten Monaten in einem atemberaubenden Tempo Richtung Rechts gerückt." Für die Grünen gehe es deshalb darum, Haltung zu zeigen: "Wir machen nicht blau." Demokratie und Rechtsstaatlichkeit würden derzeit in vielen Teilen Europas ausgehöhlt. "Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie Österreich in Richtung Orban abdriftet."
Und sie wolle auch nicht mit ansehen, wie Österreich noch einmal den Preis einer schwarz-blauen Regierung bezahlt. "Dieser Preis war zu hoch." Die Grünen würden auch nicht zusehen, wie FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Vizekanzler oder Kanzler dieser Republik wird. Kritik gab es an SPÖ und ÖVP, die beide eine Koalition mit der FPÖ planten, und eine Extraportion Kritik für die "Schlagzeilenpolitik" von ÖVP-Chef Sebastian Kurz und seinen Vorstoß zur Schließung der Mittelmeerroute. "Man kann Menschen auf der Flucht nicht einfach abdrehen, wie man einen Wasserhahn abdreht. Das ist Vollholler", meinte Lunacek.
"Durchgestylte, verantwortungslose PR-Typen"
Noch schärfere Töne schlug dann Werner Kogler in seiner Rede an: Man sei umgeben von "durchgestylten, aber verantwortungslosen PR-Typen", richtete er Sebastian Kurz und Christian Kern aus. Kurz sei überdies kein Europaminister, sondern ein "europapolitischer Geisterfahrer", so Kogler in seiner Rede. Die einstige schwarz-blaue Regierung sei eine Truppe "organisierter Kassengreifer", polterte Koger - dies sei nun wieder zu befürchten. Der der grünen Basis scheint die Brandrede gefallen zu haben: Kogler wurde mit 96,97 Prozent auf Platz zwei der Liste gewählt.