Die frühere Präsidentschaftskandidatin und Höchstrichterin Irmgard Griss wird bei der Nationalratswahl wohl nicht für die ÖVP antreten. Gespräche mit den NEOS laufen noch, in der ÖVP hat man inzwischen das Interesse an Griss verloren. Griss selbst wollte sich am Samstag auf APA-Anfrage weiterhin nicht festlegen: Die Entscheidung über eine Kandidatur werde aber "in nicht allzu ferner Zeit" fallen.
Lange wurde Griss als potenzielle Kandidatin für die Liste des neuen ÖVP-Chefs Sebastian Kurz kolportiert. Laut einem Bericht der Tageszeitung "Die Presse" dürfte es damit aber nichts werden, weil Kurz selbst Griss nicht auf seiner Liste haben möchte. Eine direkte Bestätigung für das Nichtantreten von Griss gab es aus der ÖVP zwar nicht, höflich hieß es lediglich: "Es gibt keine Vereinbarung für eine Zusammenarbeit." Begründet wird das in der ÖVP damit, dass sie mit ihren Ansichten Kurz' Linie in der Flüchtlings- und Zuwanderungsfrage sowie bei der Erbschaftssteuer konterkarieren könnte.
Griss selbst weist diese Darstellung als "kreativ" zurück: "Es stimmt nicht, was da steht." Ob und für wen sie bei der Nationalratswahl antreten möchte, will die frühere Präsidentschaftskandidatin "in nicht allzu ferner Zeit" sagen. NEOS-Generalsekretär Nikola Donig bestätigt zwar Gespräche über eine Zusammenarbeit mit Griss, betont aber, dass es hier eine "breite Palette" an Möglichkeiten gebe - eine Kandidatur bei der Nationalratswahl sei nur eine davon.
Für "schlechten Stil" hält Donig die von der ÖVP kolportierte Absage Kurz' an Griss: "Das ist die Geschichte vom Fuchs und den Trauben." Auch die stellvertretende NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger geht davon aus, dass die Sachlage eher umgekehrt sei: Griss selbst wolle demnach nicht auf der Liste Kurz antreten, alles andere sei "ÖVP-Spin", erklärte sie via Twitter.
In der ÖVP weist man dies zurück. Man habe inzwischen das Interesse an einer Griss-Kandidatur verloren, weil deren Strahlkraft durch ihr langes Zaudern abgenommen habe. Und ehemalige Griss-Unterstützerinnen wie die PR-Unternehmerin Gabi Spiegelfeld, die für Griss das Personenkomitee bei der Präsidentschaftswahl mitorganisiert hatte, würden nun ohnehin Kurz unterstützen.
Kein Problem für ehemalige Höchstrichterin wäre übrigens, dass die Anmeldefrist für mögliche Nationalrats-Kandidaten bei den NEOS bereits am morgigen Sonntag endet. Im Fall des Falles hätte der Parteivorstand nämlich die Möglichkeit, ihre Kandidatur auch nachträglich mittels einer "Wildcard" zu ermöglichen - vorausgesetzt, die Mitgliederversammlung stimmt mit Zweidrittelmehrheit dafür.