Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat die ÖVP am Dienstag mit scharfen Worten zur Umsetzung des Beschäftigungsbonus gedrängt. Er forderte insbesondere den Wirtschaftsminister auf, die entsprechenden Förderrichtlinien zu erlassen. Vizekanzler Wolfgang Brandstetter (ÖVP) versicherte, man sei zu einem Beschluss im Parlament bereit - bezüglich der Richtlinien gebe es aber noch rechtliche Bedenken.
Mit dem Beschäftigungsbonus sollten die Lohnnebenkosten für zusätzliche Beschäftigte ab Juli für die Dauer von drei Jahren gefördert werden. Konkret soll die Hälfte der zusätzlichen Lohnnebenkosten refundiert werden, was insgesamt zwei Mrd. Euro kosten soll. Die Regierung erwartet sich davon eine Belebung des Arbeitsmarktes.
Mit Geduld am Ende
"Unsere Geduld neigt sich langsam dem Ende zu, weil hier geht es ja nicht um die Jobs von Ministern, sondern um die Jobs der Österreicherinnen und Österreicher", sagte Kern in einem Solo-Auftritt nach dem Ministerrat. Vizekanzler Brandstetter hatte zuvor namens der ÖVP zugesichert, der "politische Wille", den Beschäftigungsbonus im Nationalrat zu beschließen, sei gegeben. Rechtliche Bedenken gibt es nach Angaben des ÖVP-Ministers aber noch bezüglich der nötigen Förderrichtlinien: "Fragen der Rechtssicherheit wird man klären müssen." Dies soll bei einem weiteren Termin diese Woche geschehen.
Kern reagierte darauf unzufrieden, denn mehrere Gutachten hätten gezeigt, dass die von der Regierung geplante Vorgehensweise (europarechtlich, Anm.) möglich sei. "Ich finde das enttäuschend, denn Zeit für Expertengespräche gab es rauf und runter", drängte Kern auf Umsetzung des Beschäftigungsbonus. Sollte die ÖVP tatsächlich auf eine Notifizierung des Beschäftigungsbonus bei der EU-Kommission bestehen, dann drohe eine Verzögerung um bis zu einem Jahr, sagte Kern. Er warf der ÖVP vor, das Projekt "wie einen Kaugummi in die Länge zu ziehen".
Kritik an der ÖVP übte der Bundeskanzler auch im Zusammenhang mit der Bildungsreform. Denn mit den Grünen sei die nötige Zweidrittelmehrheit rasch herstellbar. Würde man die Bildungsreform aber, wie von VP-Chef Sebastian Kurz angedeutet, mit der FPÖ umsetzen wollen, dann müsste man dafür die Modellversuche zur Gesamtschule "kübeln", kritisierte Kern. Dies würde aber sämtlichen internationalen Empfehlungen widersprechen: "Ich halte daher daran fest, dass das Bestandteil des Pakets sein muss."
Brandstetter bekannte sich neuerlich dazu, die Arbeit der Regierung in Würde beenden und ausverhandelte Projekte gemeinsam beschließen zu wollen. Diesbezüglich habe man sich auf einen "Fahrplan" verständigt. Auch Kern kündigte an, neben Beschäftigungsbonus und Bildungsreform auch die Neuregelung von Stipendien und Forschungsprämie, sowie die Primärversorgungszentren und das neue Sicherheitspolizeigesetz noch umsetzen zu wollen. Außerdem geht er davon aus, dass sich die Arbeit im Parlament über den Sommer intensivieren werde. Der Ministerrat tagt trotzdem kommenden Dienstag ein weiteres Mal.