Es wird ein arbeitsreicher Sommer werden, den Sebastian Kurz seiner Bewegung und der ÖVP zumutet. Ab Mitte Juni will der designierte ÖVP-Chef das Programm der „Liste Sebastian Kurz, die neue Volkspartei“ entwickeln. Auf dem Weg dorthin sollen Experten ebenso eingebunden werden wie die Bevölkerung in allen Bundesländern. Anfang September soll das Programm fertig sein für die Präsentation. Der Parteitag, der ihn an die Spitze der ÖVP wählen soll, könnte noch vor dem Sommer stattfinden, deutete Kurz an, ohne noch einen Termin zu nennen.
In die Programmdiskussion geht Kurz mit einem ersten Thesenpapier, das andeutet, wo seiner Ansicht nach Reformen ansetzten müssten. Österreich sei in den letzten 12 Jahren zurückgefallen, einerseits durch Überregulierung, andererseits wegen der hohen Steuerlast. Kurz hält es für wichtig, die Steuer- und Abgabenquote deutlich zu senken und im Gegenzug staatliche Förderungen zurückzufahren. Zugleich soll die „Regulierungswut“ des Staates eingedämmt werden.
Für Erneuerungsbedürftig hält der Außenminister auch das Sozialsystem, das längst nicht mehr das beste der Welt sei, nur noch das teuerste. Dem Thema Pflege, das er für vernachlässigt hält, will er mehr Aufmerksamkeit widmen, vor allem der Frage der nachhaltigen Finanzierung. Im Schulbereich möchte er „besonders darauf achten, dass die Zahl derer, die aus dem System fallen, kleiner wird“.
Gegen unkontrollierte Zuwanderung
Der dritte Schwerpunkt kreist um das Thema Migration, zu dem Kurz in den letzten Jahren klare Positionen bezogen hat. „Unkontrollierte Migration gefährdet die Ordnung im Land“, steht über dem Kapitel, das die bekannten Positionen von Kurz rekapituliert. „Es kommen noch immer zu viele Menschen illegal nach Europa, insbesondere nach Österreich.“ Kurz schlägt vor: „Migrationsströme stoppen und Hilfe vor Ort ausbauen“. Außerdem müsse der politische Islamismus entschlossen bekämpft werden.
Das Papier ist kein Programm, eher ein Leitfaden für die beginnende Diskussion über ein solches. „Ich bin ein liberaler und ein christlichsozialer Mensch“, sagt Kurz auf die Frage, wie er sich selbst definiere. „Mir ist wichtig, dass wir wenige Regeln haben, aber die, die es gibt, sollen eingehalten werden.“ Konkret nennt er die Übergenauigkeit bei den Allergenen auf Speisekarten, während die Verletzung von so wichtigen Verträgen wie Maastricht oder Schengen nicht geahndet werde. Und zu seiner Grundhaltung in sozialen Fragen sagt Kurz: „Mir ist wichtig, dass jenen, die wirklich schwach sind, geholfen wird, dass wir uns um ältere Mensch ordentlich kümmern, dass altern in Würde möglich ist.“
Thomas Götz