Für "die Ingrid", wie Tirols Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe sich nicht nur selbst auf Twitter nennt, sondern auch von Parteifreunden betitelt wird, könnte ein Karriereschritt folgen. Die 38-Jährige gilt als mögliche Nachfolgerin für die zurückgetretene Eva Glawischnig. Felipe sicherte der Partei 2013 eine Regierungsbeteiligung in Tirol. Seither gilt das "Tiroler Modell" den Bundesgrünen vielfach als Referenz.
Unter der studierten Betriebswirtin legten die Grünen bei der Landtagswahl im Jahr 2013 1,86 Prozentpunkte zu und landeten mit 12,59 Prozent auf dem dritten Platz. Zudem gewannen die Grünen ein zusätzliches Mandat. Einziger Wermutstropfen war, dass ihr das beste Ergebnis in der Geschichte der Tiroler Grünen verwehrt blieb. Dies holte die Öko-Partei unter ihrem Urgestein Georg Will bei der Landtagswahl 2003 mit 15,59 Prozent, was bis dato den größten Sieg bei Landes- oder Bundeswahlen bedeutete.
In lediglich drei Sondierungsrunden führte Felipe das Grüne Verhandlungsteam in Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP. Als Ernte wurden zwei grüne Landesräte und die Agenden Umwelt- und Klimaschutz, Verkehr, Frauen, Soziales und Integration eingefahren. Zupass kam Felipe freilich, dass sie im Wahlkampf kein Porzellan zerbrochen hatte, und gegenüber der ÖVP einigermaßen konziliant auftrat.
Das setzte die 38-Jährige, die letztlich wohl doch eher der "Realo"-als der "Fundi"-Fraktion zuzurechnen ist, auch in der Regierungsarbeit fort. Ihr Verhältnis zu Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) gilt als ausgezeichnet und ist von gegenseitiger Wertschätzung geprägt. Prekäre Themen umschiffte man in der Koalition einmütig. An der Seite von Platter wurde ihr Auftreten auch bei öffentlichen Auftritten nach und nach souveräner. Bis auf verhaltene Kritik hie und da wurde die Regierungsarbeit auch in der Grünen Basis durchaus mit Wohlwollen aufgenommen.
Seit 2005 bei den Grünen aktiv
Felipe wurde am 22. August 1978 in Hall in Tirol geboren. 1997 legte die 38-Jährige die Matura an der Handelsakademie in Innsbruck ab. Danach absolvierte die langjährige Handball-Spielerin das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Innsbruck und arbeitete unter anderem im Projektmanagement bei diversen Veranstaltungen des Tiroler Handballverbandes sowie als Büromanagerin in einem Architekturbüro.
Von 2005 bis 2010 fungierte die Mutter eines Sohnes als Finanzreferentin der Grünen. Seit November 2009 bekleidet sie das Amt der Partei-Landessprecherin. Im Mai 2012 zog Felipe als Nachfolgerin der aus gesundheitlichen Gründen ausgeschiedenen Abgeordneten Maria Scheiber in den Tiroler Landtag ein. Im Mai 2013 wurde sie vom Tiroler Landtag zur LHStv. und Landesrätin unter anderem für Umwelt- und Klimaschutz sowie Verkehr gewählt. Seit Februar 2016 ist sie auch stv. Bundessprecherin, damals folgte sie der Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou in diesem Amt nach. Innerhalb der Partei gilt Felipe, die sich laut eigenen Angaben unter anderem von Bert Brecht, Victor Hugo, Maria Ebner-Eschenbach und Richard David Precht inspirieren lässt, durchaus als gute Netzwerkerin.
Auch Lunacek hat Chancen
Auch die Vizepräsidentin des EU-Parlaments und grüne Delegationschefin Ulrike Lunacek wird als eine der möglichen Kandidatinnen für die Nachfolge der zurückgetretenen Grünen-Chefin Eva Glawischnig genannt. Sollte sie sich dafür entscheiden, wäre dies der Sprung aus einer etablierten Position in der Europäischen Union in eine ungewisse Zukunft der Öko-Partei. Die Entscheidung soll spätestens am 25. Juni fallen.
Angesichts des innenpolitischen Chaos der vergangenen Woche und den schlechten Umfragedaten für die Grünen könnte sich eine Entscheidung für die Grünen-Spitze als Himmelfahrtskommando erweisen. Mit einem Zuwachs der Grünen bei den Wahlen wird praktisch nicht mehr gerechnet, es geht eher darum, ein stärkeres Abrutschen zu verhindern.
Lunacek, die in einer Woche ihren 60. Geburtstag feiert, hat sich in den vergangenen Jahren nach anfänglichen Querelen mit Johannes Voggenhuber als Stabilitätsfaktor der Grünen auf nationaler und internationaler Ebene erwiesen. Seit 2013 ist sie auch Vizepräsidentin der Grünen Fraktion im EU-Parlament und Kosovo-Berichterstatterin. Beim vergangenen EU-Wahlkampf 2014 konnten die Grünen deutlich zulegen. Lunacek legte einen fehlerfreien Wahlkampf hin, war sachlich versiert und machte sich auch im EU-Parlament selbst einen Namen.
Tochter eines Raiffeisen-Managers
Gekämpft hat Lunacek für so ziemlich alles, was sie bisher erreicht hat. Ihr Selbstbewusstsein schöpfte die bekennende Lesbe unter anderem aus ihrem Einsatz für die Rechte Homosexueller. Lunacek wurde am 26. Mai 1957 in Krems an der Donau geboren. Die Tochter des Generaldirektors der Raiffeisenwarenzentrale wuchs schnell zu einer weltoffenen Frau heran. Als Dolmetschstudentin für Englisch und Spanisch in Innsbruck unternahm sie unter anderem mehrere Südamerika-Reisen.
Schon früh war Lunacek für die Rechte von Frauen aktiv. Sie war etwa beim Aufbau des Innsbrucker Frauenhauses involviert, war Redakteurin des Magazins "Südwind" und Obfrau des Vereines "Frauensolidarität". Weitere Stationen der passionierten Schwimmerin: Der Sportverein für Lesben und Freundinnen "Marantana", das Österreichische Lesben- und Schwulenforum und das Wiener "TheaterBrett", wo sie als Pantomime auftrat.
1994 delegierte der Österreichische Informationsdienst Lunacek zur UNO-Konferenz für Bevölkerung und Entwicklung nach Kairo. 1995 koordinierte sie die Pressearbeit der nichtstaatlichen Organisationen (NGO) zur UNO-Weltfrauenkonferenz in Peking. In denkbar schlechten Zeiten stieß Lunacek zu den Grünen. Sie kandidierte 1995 erstmals für den Nationalrat und erlebte eine vernichtende Niederlage der Partei. Ein Mandat blieb ihr vorerst verwehrt. Entschädigt wurde Lunacek ein Jahr später, als sie zur Grünen Bundesgeschäftsführerin avancierte. 1999 gelang schließlich der Sprung in den Nationalrat.
Im Hohen Haus angelangt, konnte Lunacek unbeirrt für die rechtliche Gleichstellung und soziale Akzeptanz homosexueller Menschen auftreten. Das tat sie stets mit Selbstbewusstsein, einengen ließ sie sich auf eine derartige Rolle allerdings nicht. Als außenpolitische Sprecherin holte sie sich auch - neben ihrer regen Reisetätigkeit und Sprachgewandtheit - das notwendige Rüstzeug für das Europaparlament.