Die SPÖ setzt vor Beginn der Ministerratssitzung am Dienstag offenbar auf eine Eskalationsstrategie: Mehrere SPÖ-Minister bestanden gegenüber Journalisten darauf, dass der designierte ÖVP-Chef Sebastian Kurz auch den Vizekanzler macht. 

Kurz will bis zur Nationalratswahl nicht selbst den Vizekanzler machen, sondern hat  Justizminister Wolfgang Brandstetter dafür auserkoren. Er habe mit  Brandstetter einen "sehr soliden und guten Vorschlag" gemacht, sagte Kurz am Dienstag vor dem Ministerrat. Der Justizminister sei schließlich "nie in Streitigkeiten mit der SPÖ verwickelt" gewesen. Brandstetter selbst wäre "gern bereit", das Amt zu übernehmen. Auch Nationalratspräsident Karlheinz Kopf bezeichnete den parteifreien Brandstetter als "sehr konzillianten, kompromissbereiten Minister".

Kern droht

Die SPÖ bleibt dennoch dabei, sie will Kurz als Vizekanzler: "Der ÖVP-Chef muss jetzt Verantwortung übernehmen", sagt Kern - tue Kurz das nun nicht, "verlagern sich die Entscheidungsprozesse mit Einbeziehung der Opposition ins Parlament", droht der Kanzler mit einem freien Spiel der Kräfte im Hohen Haus. Der ÖVP warf der Kanzler vor, "Poker zu spielen". Wenn Kurz Chef sein wolle, dann soll er das aber jetzt auch sein, erklärte zuvor Infrastrukturminister Jörg Leichtfried. Kurz solle sich "nicht aus Angst vor schlechten Umfragen drücken". Auf die Frage was passiert, wenn Kurz verweigert, meinte Leichtfried: "Wenn er es nicht macht, dann gibt es keinen Vizekanzler." Sozialminister Alois Stöger nannte die ÖVP-Pläne in Sachen Vizekanzlerschaft eine "Mogelpackung".

Auch Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner findet es nur "logisch", dass der schwarze Parteiobmann, der mit allen Vollmachten ausgestattet ist, auch die Position des Vizekanzlers und damit die Verantwortung übernimmt. Verantwortung "geht nicht mit Wegducken". Mögliche Konsequenzen einer Nicht-Einigung seien Entscheidung des Kanzlers. Ganz ähnlich argumentierte auch Kanzleramts-Staatssekretärin Muna Duzdar: Kurz sei mit allen Vollmachten ausgestattet. "Ich bestehe darauf, dass Verantwortung übernommen wird."

Optimistisch trotz der Auseinandersetzung zeigte sich Bildungsministerin Sonja Hammerschmid. Sie gehe davon aus, dass die Bildungsreform jedenfalls noch beschlossen werden könne.

Schwere Geschütze in dieser Frage wurden auch schon am Montagabend im ORF-"Report" aufgefahren: Dass Kurz Vizekanzler werde, sei "unsere Erwartung und, wenn Sie so wollen, unsere Bedingung", sagte Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) im ORF.  Es sei eine "Selbstverständlichkeit", dass Kurz auch die Verantwortung in der Regierung wahrnehme, so Drozda.