Knalleffekt in der ÖVP: Sebastian Kurz will nach Informationen der Kleinen Zeitung die ÖVP nur unter der Bedingung übernehmen, dass er mit einer eigenen Liste bei den Nationalratswahlen antreten kann. Ein solcher Schritt kommt einer weitgehenden Entmachtung der Länder und der Bünde gleich. „Diese Bedingungen sind nicht verhandelbar“, heißt es im Dunstkreis des Außenministers. Die Würfel fallen am Sonntag nachmittags bei einer Sondersitzung des ÖVP-Parteivorstands. Als einer der ersten ÖVP-Spitzenpolitiker hat sich der steirische Landeshauptmann  Hermann Schützenhöfer hinter das Konzept gestellt.

„Die unabhängige Liste wird von der ÖVP unterstützt“, heißt es in einem internen Strategiepapier, „sie kann aber auch von anderen Organisationen und Personen ohne Parteibuch unterstützt werden, die ebenfalls kandidieren wollen“. Unter welchem Namen die Liste bei den für Herbst anberaumten Neuwahlen antritt, bleibt offen. Womöglich taucht die Bezeichnung ÖVP gar nicht auf. Auf diese Weise will Kurz auch Leute, die mit der ÖVP bisher überhaupt nichts am Hut haben, für eine Wahlbewegung gewinnen. Kurz pocht außerdem auf ein strenges Reißverschlusssystem zwischen Mann und Frauen, wie es derzeit nur die Grünen praktizieren.

Der gewaltige Unterschied zu bisher: Kurz fordert ein weitgehendes Durchgriffsrecht auf allen Ebenen bei der Erstellung der Kandidatenliste, derzeit sind Wirtschaftsbund, Bauernbund und ÖAAB in etwa paritätisch im ÖVP-Klub vertreten. Bisher wurden Bundeslisten vom Parteivorstand, in dem die neun Landeschefs und die sechs Bündechefs sitzen, bestellt, künftig will Kurz diese in Eigenregie beschließen. Die ÖVP-Landeschefs sollen zwar weiterhin die Landeslisten erstellen, Kurz beharrt auf einem Vetorecht. Wer aus den Ländern ins Parlament einzieht, hängt dann nicht mehr primär von der Reihung auf der Liste ab. Kurz schwebt ein Vorzugsstimmenmodell – nach niederösterreichischem oder Grazer Vorbild – vor.

In Stein gemeisselt

Das ist aber noch nicht alles. Kurz will künftig in kompletter Eigenverantwortung das Regierungsteam zusammenstellen, bisher bedurfte es dazu eines Beschlusses im Parteivorstand. Auch die Nominierung des ÖVP-Generalsekretärs soll nicht mehr von den ÖVP-Granden abgesegnet werden. Ebenso pocht Kurz auf freie Hand für die Verhandlung allfälliger Koalitionen.

Damit sich diese Forderungen nicht in ein paar Monaten in Luft auflösen, sollen sie bei einem Sonderparteitag in die ÖVP-Statuten aufgenommen werden. Nach Informationen der Kleinen Zeitung soll am Dienstag der Neuwahlantrag im Nationalrat eingebracht werden.

Schützenhöfer unterstützt Kurz

In einer ersten Reaktion erhält Kurz volle Rückendeckung seitens des  Steirers Hermann Schützenhöfer. „Ich unterstütze das Konzept", so Schützenhöfer im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. "Wer wagt gewinnt. Kurz geht volles Risiko ein, er ist aber mit Feuer und Flamme dabei. Wir müssen natürlich da und dort über den Schatten springen, und es ist immer so, dass irgendjemand  gegen eine Erneuerung ist. Wir brechen mit Kurz in eine neue Zeit auf. Eines ist in jedem Fall klar: Es muss bei  Bundesliste, Klub und Partei das letzte Wort haben. Was die Landesliste anbelangt, so habe ich ihm schon vor Tagen meine  Zustimmung gegeben.“