Bessere Durchsetzbarkeit des Rechtsstaates und Schutz vor sexuellen Übergriffen sind die Ziele der Strafgesetznovelle, die heute, Mittwoch, vom Ministerrat ans Parlament geschickt wird. Sie bringt neue Tatbestände gegen staatsfeindlichen Bewegungen ("Reichsbürger"), sexuelle Belästigung in Gruppen und Angriffe auf Mitarbeiter von Massenverkehrsmitteln. Angriffe auf Beamte werden strenger bestraft.

In der Begutachtung wurden viele Einwände vorgebracht. In vielen Stellungnahmen wurde die Sorge deponiert, dass die Reichsbürger-Bestimmung auch gegen zivilgesellschaftliche Kritik an Staat und Politik eingesetzt werden könnte. Vielfach wurde die Höhe der geplanten Strafsätze bemängelt - und gewarnt, dass damit die Balance der Strafdrohungen gestört würde. Dem hat Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) zu einem guten Teil Rechnung getragen und den Entwurf angepasst.

Reichsbürger-Bestimmung wurde präzisiert

Die Reichsbürger-Bestimmung wurde präzisiert. In den Erläuterungen wird klargestellt, dass "gewaltfreie Proteste, Demonstrationen oder sonstige Aktionen (wie die Besetzung der Hainburger Au), die eine kritische Auseinandersetzung mit Politik, dem Staat, Politikern oder auch einzelnen Entscheidungen der Behörden zum Gegenstand haben oder versuchen, ein Überdenken der Entscheidung zu erreichen" nicht gemeint sind. Erwähnt werden die Bewegungen Freemen, souveräne Bürger, Terranier, Reichsbürger, Erdenmenschen, "One People Public Trust (OPPT)" oder "Verfassungsgebende Versammlung (VGV)" bzw."Staatenbund Österreich", die Zahl ihrer Mitglieder und Unterstützer wird mit rund 1.100 angegeben.

Die Definition steht künftig (als Par. 247a) im Strafgesetzbuch: Eine staatsfeindliche Bewegung ist eine Gruppe vieler Menschen (mehr als ca. 30 laut Erläuterungen), die darauf ausgerichtet ist, die Hoheitsrechte der Republik rundweg abzulehnen oder sich fortgesetzt die Ausübung von Hoheitsrechten selbst anmaßt - und deren Zweck es ist, fortgesetzt gesetzwidrig die Vollziehung von Gesetzen oder Behörden-Entscheidungen zu verhindern. Für die Gründung oder führende Betätigung in einer solchen Bewegung drohen zwei Jahre Haft, für die Unterstützung bzw. Teilnahme ein Jahr.

Strafrechtlicher Schutz für Lenker und Kontrolleure

Nicht nur Reichsbürger-Aktivitäten, auch "tätliche Angriffe" gegen Beamte werden schärfer geahndet: Für einen Übergriff ohne Körperverletzung drohen künftig bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe. Neu unter strafrechtlichen Schutz gestellt werden "Bedienstete einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalt" - also Lenker oder Kontrolleure in öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein tätlicher Angriff auf sie kann bis zu sechs Monate Haft einbringen, mit Körperverletzung bis zu zwei Jahre. Damit wird - auch auf Wunsch der Betroffenen - auf eine "stetig steigende Gewaltbereitschaft" reagiert.

Auch auf ein "neues Phänomen" bei Veranstaltungen reagiert das Ministerium - nämlich sexuelle Belästigung durch Gruppen junger Männer wie etwa zu Silvester in Salzburg und Innsbruck. Die Teilnahme an einer solchen "Zusammenkunft mehrerer Menschen" mit dem - in die Tat umgesetzten - Ziel sexueller Belästigung wird mit einem Jahr Haft bestraft, die Verabredung dazu mit bis zu zwei Jahren.

Nackt-Selfies

Ein weiteres Phänomen wird aus der Strafbarkeit genommen: "Sexting" - das Verschicken von Nackt-Selfies von sich selbst durch Jugendliche. Sie können dafür künftig nicht mehr nach dem Par. 207a (Pornografische Darstellungen Minderjähriger) verurteilt werden.

Außerdem werden die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung in den Katalog jener Rechtsgüter aufgenommen, bei denen Notwehr geltend gemacht werden kann - neben Leben, Gesundheit, körperlicher Unversehrtheit, Freiheit und Vermögen.

Das StGB-Paket soll am 21. Juni im Justizausschuss und in den letzten Juni-Tagen vom Nationalratsplenum beschlossen werden. Damit kann es am 1. September in Kraft treten.