Ein Worst Case Szenario ist für die SPÖ und ihren Parteichef Christian Kern mit dem Wiener Landesparteitag am Samstag eingetreten. Die schlechten Ergebnisse für Landesparteichef Michael Häuplund das Präsidium bedeuten mit Blick auf die nächste Nationalratswahl nichts Gutes, stellen OGM-Chef Wolfgang Bachmayer und Politikberater Thomas Hofer im Gespräch mit der APA fest.

"Die Inszenierung rund um seine Person ist professionell gemacht und funktioniert offensichtlich gut, das zeigen die Umfragewerte für Kern. Aber in der Realität steht bei der Nationalratswahl eine Partei auf dem Wahlzettel und in der Realität steht er einer Partei vor, die zwischen den Fingern zu zerbröseln droht", und dabei sei Wien nur das aktuellste Beispiel, erklärte Bachmayer.

"Elchtest" für Kern

Die Kommunikationsarbeit des Bundeskanzlers sei gut, es werde jedoch ausgeblendet, dass kommendes Jahr vier Landtagswahlen anstehen - und damit der "Elchtest" für Kern. Unter seiner SPÖ-Führung haben noch keine Landtagswahlen stattgefunden, diese werden daher als "Zustands- und Bestandsaufnahme der SPÖ" gesehen, meinte der Meinungsforscher. Zu erwarten sei dabei in fast allen Ländern ein Minus oder maximal kleines Plus. "Einziger Hoffnungsschimmer" ist laut Bachmayer der neue niederösterreichische Spitzenkandidat Franz Schnabl, hier könnte das "vorhersehbare schwache Ergebnis etwas besser" ausfallen. In Kärnten sei auf jeden Fall ein Minus zu erwarten, die Frage sei nur wie deutlich dieses ausfällt. "Die Landtagswahlen sind für Kern eine äußerst heikle offizielle Bestätigung der Wähler über die SPÖ und den Bundesparteichef. Das ist der Hauptgrund für die Lust auf Neuwahlen bei ihm."

Bei der Nationalratswahl werde allerdings der "Hauptstimmenbringer" Wien einbrechen und ohne das bisherige Niveau werde es für den ersten Platz schwierig. Bachmayer geht davon aus, dass Niederösterreich diese Einbrüche ein wenig ausgleichen kann. Die Wahlkampagne werde sich aufgrund Kerns guter Imagewerte ganz auf seine Persönlichkeit fokussieren: "Das SPÖ-Logo wird man wahrscheinlich mit der Lupe suchen."

"Das Schlechteste aus allen Welten"

Auch Politikberater Hofer sieht für Kern "das Schlechteste aus allen Welten". Nun sei die Spaltung in der Wiener SPÖ amtlich, verweist er auf die schlechten Werte beim Parteitag und sieht auch ein Versagen der Regie, denn die Situation habe sich bereits am Freitag bei der Landesfrauenkonferenz aufgebaut. Hofer ist der Meinung, der Parteivorsitzende müsse nun schauen, dass es nicht sofort zu einer Nationalratswahl im Herbst 2017 kommt: "Er muss damit rechnen, dass es massive Schwierigkeiten bei der Mobilisierung in Wien gibt." Dies sei der Fall wenn Häupl Landesparteichef bleibt oder sein kolportierter Nachfolger Michael Ludwig übernimmt. Häupl hingegen sei nun nur noch damit beschäftigt, "irgendwie den Deckel drauf zu halten" und eine Eskalation zu vermeiden. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Gräben jetzt aufbrechen.

Apparat läuft nicht

"Mit einer gespaltenen und zerstrittenen Landespartei tut er sich ganz schwer auf Bundesebene. Als Person kann er sagen 'Ich strahle eh', aber wenn der Apparat nicht so geschmiert läuft wie sonst, ist das jedenfalls kein Vorteil." Noch nicht aus der Deckung gewagt habe sich der ebenfalls als Nachfolger gehandelte neue Stadtrat Jürgen Czernohorszky - "Und das ist gut so", meinte Hofer. Keiner der aktuellen Riege verfüge über die nötige Integrationskraft, stellte er fest. Es bräuchte nun einen "deus ex machina" von außen, gänzlich unbelastet, der versucht, die abgerissenen Brücken wieder zu errichten: "Alle Beteiligten, egal aus welchem Lager sie kommen, sind beschädigt. Das ist die schlechte Nachricht für Kern im Bund."

Die Wiener Landespartei jedenfalls sei anders als früher "eher eine Hypothek denn ein großes Asset". Häupl werde es auch nicht gelingen, sich wie 2015 nun bei einer Nationalratswahl als Anti-Strache (FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache, Anm.) zu positionieren. Apropos Positionierung, mit jener von Schnabl in Niederösterreich als Sicherheitsexperten wollte Kern in die Offensive. Nun muss der Parteichef Zeit für eine Beruhigung gewinnen: "Aber ob das möglich ist nach dieser Eskalation, ist fraglich." Möglicherweise sei das Problem auch bis zum Herbst 2018, dem regulären Wahltermin, nicht gelöst, gibt der Politikberater zu bedenken.