Von stürmischen Ovationen begleitet, haben Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern sowie der designierte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am Mittwoch in Vilshofen in Bayern leidenschaftliche Bekenntnisse gegen den Rechtspopulismus, für Europa, Solidarität und soziale Gerechtigkeit abgegeben. Kern erinnerte daran, dass in Kärnten die FPÖ einst die Mehrheit gewonnen und dem Land Milch und Honig versprochen, aber es stattdessen fast in den Konkurs geführt habe. "So geht's einem, wenn man glaubt, dass Rechtspopulisten Lösungen anzubieten haben", resümierte der Kanzler. Er übte auch Kritik an einem Selfie, das FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky mit Trump im Hintergrund gemacht und diesen als "großen Mann" bezeichnet habe.
Rund 5.000 Besucher hatten sich anlässlich des Politischen Aschermittwochs der SPD in einem Festzelt am Donauufer versammelt, wo Blasmusik, Bier und Weiswurst für guten Stimmung sorgten. Beim Einzug der Hauptredner Schulz und Kern brandete rhythmischer Applaus auf. Rufe wie "Hoch die internationale Solidarität" folgten der Ansprache von Kern.
Schwerpunkt der Reden der beiden sozialdemokratischen Parteiführer bildeten Warnungen vor Rechtspopulismus und Nationalismus. Der SPÖ-Chef betonte, man lebe heute in einer Welt, in der "Selbstverständlichkeiten", die man jahrzehntelang gewohnt war, "nicht mehr gelten". Der Kanzler wies dabei insbesondere auf den Brexit und den neuen US-Präsidenten Donalds Trump hin. An Trump sehe man, was geschehen könne, "wenn Rechtspopulisten Europa führen".
Standing Ovations für Strache beim Aschermittwoch der AfD in Bayern
Der frühere EU-Parlamentspräsident Schulz erinnerte daran, dass Deutschland und Österreich in Form von AfD und FPÖ Gemeinsamkeiten in Sachen Rechtspopulismus hätten. Dagegen seien SPD und SPÖ "Bollwerk gegen Ausgrenzung und Abschottung sowie gegen Nationalismus". Der Rechtspopulismus habe für nichts eine Lösung. Mit einer Rhetorik der 20er und 30er Jahre und dem Motto "mein Land zuerst" dürfe man nicht der Jugend die Zukunft stehlen.
"Meine Generation, 1955 geboren, war die erste, die von der Wiege bis zur Bahre keinen Krieg erlebt hat, ich will, dass das für meine Kinder und Kindeskinder so bleibt. Daher ein entschiedenes Nein an Nationalisten, die das zerstören wollen", erklärte der designierte SPD-Chef.
Ganz im Zeichen der deutschen Bundestagswahl im September ist auch das Politische Aschermittwoch-Treffen der CSU in Passau gestanden. Führende CSU-Politiker sprachen von einer "Richtungsentscheidung" für Deutschland, im Fokus der Kritik stand die SPD. Österreichs Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) empfahl seinen Parteikollegen die Einführung einer Obergrenze für Flüchtlinge.
Vor allem der SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz bekam bei der CSU-Veranstaltung einiges ab. Schulz nehme es "nicht besonders genau mit der Wahrheit", meinte etwa der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer. In der Zuwanderungsfrage sei er für Menschlichkeit und Humanität, Schützbedürftige müssten aber die deutsche Sprache lernen, sich an Recht und Ordnung halten und die christliche Kultur akzeptieren.
Seinen deutschen Parteikollegen empfahl Sobotka beim Politischen Aschermittwoch der CSU die Einführung einer Obergrenze für Flüchtlinge. "Die ist absolut notwendig." Politische Maßnahmen zur Eindämmung der Zuwanderung seien mit den Sozialdemokraten aber "nicht leicht durchzubringen", erklärte Sobotka. "Die Sozi winden sich und drehen sich", so die Erfahrung des ÖVP-Minister.
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte zuvor der AfD in Osterhofen in Bayern ordentlich eingeheizt. Seine in Österreich schon bekannten deftigen Pointen waren für das Publikum in Bayern noch neu und kamen gut an. Im Visier einerseits die CSU, die sich trotz markiger Sprüche im Zweifelsfall überall andiene, und andererseits Kanzlerin Angela Merkel mit ihrer Flüchtlingspolitik.
Die Veranstaltung im Donaucenter Schubert mit an die 1.000 Besuchern nahm zunächst schleppend Fahrt auf. Das änderte sich mit der Rede von Strache, der vor der Bundesvorsitzenden Frauke Petry sprach. Er sei "Bundesvorsitzender der FPÖ und wird wahrscheinlich Kanzler", wurde er vorgestellt. Zu Beginn lobte er die AfD als einzige Alternative für Deutschland und sicherte ihr zu, ein ehrlicher Freund, Unterstützer und verlässlicher Partner zu sein. Er traute ihr über 100 Mandate bei der Bundestagswahl im Herbst zu, weil sie auf die Bürger höre und ihre Mitbestimmung fordere. In diesem Zusammenhang bezeichnete er den Wahlvorgang für den deutschen Bundespräsidenten als "Kasperltheater".
CSU wie Soletti, "überall dabei"
Die in Bayern dominierende CSU sei zwar nicht so "weichgespült" wie die Schwesterpartei CDU, aber sie sei wie ein Soletti überall dabei. Die CSU sei wie die ÖVP, deren Politiker lügen, die danach am Sonntag beichten gingen. Zum als "Hoffnungsträger" gehandelten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz stellte er fest: "So hoffnungslos möchte ich nicht sein". Schulz habe aber "Nehmerqualitäten, wenn es ums Geld geht". Er sei die "fleischgewordene Union Brüsseler Prägung" und könne nicht die Zukunft Deutschlands sein.
Das sei auch "Mutti" (Angela Merkel) nicht. Zu ihrer Aussage "Wir schaffen das" meinte er: "Wir schaffen das nicht und wollen das auch nicht schaffen". Das könne nicht Dummheit gewesen sein, "ich unterstelle ihr Absicht", erklärte Strache. Sie habe den deutschen Haustürschlüssel in Brüssel abgegeben.
"Gelebter Irrsinn"
Dann schwenkte er auf seine bekannten Pointen zu den Themen Asyl, Islam und Türkei um: Die "Völkerwanderung ist gelebter Irrsinn". Es gelte der Grundsatz "willst Du eine soziale Wohnung haben, musst Du ein Kopftuch tragen". "Der Halbmond ist schön, wenn er am Himmel steht oder als Vanillekipferl daherkommt, aber nicht als Symbol für Europa".