Der ungarische Regierungschef Viktor Orban übt scharfe Kritik an den österreichischen Plänen, die Familienbeihilfe für im EU-Ausland lebende Kinder an das dortige Kaufkraftniveau anzupassen. Österreich wolle die EU-Verträge "in kleinen Teilregelungen auf hinterlistige Art und Weise Schritt für Schritt verändern", sagte Orban am Freitag im ungarischen Staatsradio. Ungarn akzeptiere dies nicht."
Wenn sich zehn Teilregelungen verändert haben, dann ändert sich plötzlich die ganze Frage", sagte Orban in Anspielung auf das EU-Prinzip der Gleichbehandlung von EU-Ausländern. Es handle sich um einen "schleichenden Kompetenzentzug" sowie eine "Modifizierung" der EU-Verträge, die Ungarn nicht akzeptiere, so Orban, dessen Regierung in der Vergangenheit selbst mehrmals wegen der Diskriminierung von EU-Ausländern kritisiert worden war.
Orban übte in dem Gespräch auch Kritik an in Ungarn tätigen Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Diese internationalen Organisationen, die sich "als zivil bezeichnen, doch in Wirklichkeit die Interessen des globalen Kapitals vertreten", müssten ihre Finanzquellen offenlegen, forderte der rechtskonservative Politiker. Er warf ihnen vor, die ungarische Öffentlichkeit mit vom Ausland bezahlten Aktivisten zu beeinflussen.
Ungarn habe die Anwesenheit dieser Organisationen mehr als 20 Jahre "ertragen". Orban kritisierte auch das Verhalten der NGOs in der Flüchtlingsfrage. Diese Organisationen würden die Migranten dauerhaft dazu antreiben, die ungarischen Rechtsregeln zu verletzen und einen Weg nach Ungarn zu finden. Die in erster Linie mit dem ungarnstämmigen US-Milliardär George Soros verbundenen Organisationen des internationalen Kapitals hätten "eine Grenze überschritten", betonte Orban.
Als "Hirngespinst" und "Belästigung für die Bürger" bezeichnete der Premier Ideen für systematische Grenzkontrollen in der EU. Während von den "gesetztreuen, über einen Reisepass verfügenden Staatsbürgern der Union eine volle Kontrolle gefordert würde, fänden illegale Migranten ständig Einlass in die EU, kritisierte der Regierungschef.
Orban will weiter einen "fairen Brexit", und nicht, dass "wir wie ein kleiner Hamster beleidigt sind". Ungarn wolle die Briten nicht bestrafen, die auf dem "Boden des gesunden Menschenverstandes" stehen. Daher solle es nach dem Austritt der Briten kein schlechtes Verhältnis der Union mit London geben, forderte der Rechtspolitiker.