Aus Österreich fließen pro Jahr rund 250 Millionen Euro an Familienleistungen ins Ausland. Familienministerin Sophie Karmasin, Finanzminister Hans Jörg Schelling und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatten deshalb im November des Vorjahres in einem Brief an die EU-Kommission eine Anpassung der Kinderbeihilfe für nicht in Österreich lebende Kinder an das jeweilige Landesniveau gefordert.

Absage aus Brüssel

Daraufhin hatte die EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen dem Anliegen im Dezember eine Absage erteilt: "Nach geltender Gesetzgebung ist das nicht zulässig". Nun setzt die ÖVP auf einen Alleingang Österreichs. Das Papier soll in der kommenden Woche der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Im ORF-Radio haben Karmasin und Kurz nun ein nationales Gesetz angekündigt. Damit soll die Höhe der Beihilfe an das Niveau des Landes, in dem das Kind lebt, angepasst werden. Dieser Alleingang Österreichs sei offenbar rechtlich möglich, die beiden Minister stützen sich dabei auf ein Gutachten des Arbeits- und Sozialexperten Wolfgang Mazal.

Unterhalt als Vergleich

Dieser geht davon aus, dass der von der ÖVP forcierte nationale Alleingang Österreichs bei der Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder auch vor dem EuGH hält. Er verwies auf die Regelung beim Unterhalt für im Ausland lebende Kinder - auch hier würden die unterschiedlichen Lebenserhaltungskosten berücksichtigt.

Im komplexen System der österreichischen Familienförderung gehe es darum, dass der Staat den Unterhaltspflichtigen bei den Kosten für die Kinder entlastet. Unterhaltszahlungen für Kinder, die im Ausland leben, werden nicht nur aufgrund der Lebensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen, sondern auch im Verhältnis zur Kaufkraft im Wohnland des Kindes bemessen, gibt Mazal zu bedenken. Ein unterhaltspflichtiger Vater beispielsweise zahlt für ein Kind in Rumänien nicht den gleichen Betrag wie für ein Kind in Österreich.

Klage wahrscheinlich

Die Familienbeihilfe ist eine Unterstützungsleistung zum Kauf täglicher Güter. Es sei daher nur logisch, dass die Leistungen entsprechend zu reduzieren sind, wenn diese Güter in anderen Ländern entsprechend günstiger sind. Gibt es hier keine Indexierung, kommt es zu einer Verzerrung, erklärt Mazal.

Der Sozialrechtler geht davon aus, dass die nationale Regelung für eine Kürzung "mit Sicherheit" zu einer Klage beim Europäischen Gerichtshof führen wird. "Das halte ich aber für eine klar vertretbare Argumentation", meint er jedoch und hält die geplante Vorgangsweise auch für "von der Sache her zwingend".