Hört man sich in Österreichs Innenpolitik um, gibt es kaum jemanden, der derart polarisiert wie Reinhold Lopatka - wobei der Negativ-Pol deutlich ausgeprägter ist. Dass er seinen Parteichef Reinhold Mitterlehner mittlerweile so in Rage gebracht hat, dass dieser am Sonntag nun sogar eine Art Showdown mit seinem Klubobmann in den Raum gestellt hat, überrascht nur bedingt.
Denn Lopatka hat die Gabe, andere sehr gegen sich einzunehmen. Beim Koalitionspartner SPÖ ist er seit vielen Jahren eine Art Gottseibeiuns. Was rote Spitzenfunktionäre abseits von Mikrofonen und Kameras über ihn sagen, wäre oft bei noch so gutem Willen nicht zitabel. Selbst bei der FPÖ, zu der er seit gut eineinhalb Jahrzehnten als schwarzer Querverbinder gilt, ist Lopatka nicht sonderlich gut gelitten.
Auch im APA/OGM-Vertrauensindex nimmt Lopatka regelmäßig eine der Schlusspositionen ein. Bei der letzten Befragung (November 2016) rangierte er bei minus 14 - an drittletzter Stelle.
Doch wie schaffte es der diplomierte Jurist, der auch Theologie studierte und einst für eine Amnesty International-Gruppe sprach, zu diesem Ruf? Das kommt aus Sicht seiner Kritiker daher, dass der Steirer nur bedingt als paktfähig gilt. Das zeigte sich für Freiheitliche erst jüngst, als er bei der Wahl zur Rechnungshof-Präsidentin im letzten Moment dann doch noch, wohl unter internem Druck, die mögliche schwarz-blaue Kandidatin Helga Berger fallen ließ. In der SPÖ werden ähnliche Anlassfälle sonder Zahl aufgelistet, wobei man bei den Roten schon ein wenig Lopatka-hypersensibel ist.
Hinzu kommt, dass Lopatka ein unbestritten listiger Verhandler ist und er eher ungern eine Provokation auslässt, was sich mit seiner Empfehlung für FPÖ-Hofburg-Kandidat Norbert Hofer einmal mehr bestätigte. Schließlich hatte Parteiobmann Mitterlehner erst kurz davor seine Präferenz für Kontrahent Alexander Van der Bellen kundgetan. Als Generalsekretär unter Schwarz-Blau galt Lopatka als Meister des Dirty-Campaignings, aktuell unter Rot-Schwarz leitet er zwar von seiner Funktion her den Klub, gibt aber öffentlich in der Regel eine Art Parteisprecher - das blöde für Parteichef Reinhold Mitterlehner ist, dass die von Lopatka vorgegebene Linie nicht unbedingt die des Vorsitzenden sein muss.
Das weiß der Klubchef natürlich und es scheint ihm egal zu sein. Unterstellt wird ihm von Freunden wie Feinden, dass er darauf setzt, dass die großkoalitionären Zeiten, für die Mitterlehner seht, ebenso bald zu Ende sein werden wie die Ära des Parteiobmanns selbst. Dreht sich das Rad in Richtung FPÖ, wird sein Rat wohl ohnehin wieder gefragt sein.
Abgeschrieben wurde der Oststeirer, der sich als Landesgeschäftsführer in seinem Bundesland mit einem rauschenden Wahlerfolg der damaligen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic für höhere Weihen empfahl und schließlich Wolfgang Schüssel im Bund 2002 einen fulminanten Wahlsieg verschaffte, schon des öfteren. Sein Stern schien spätestens nach Schüssels Abwahl 2006, für die er als Generalsekretär mitverantwortlich gemacht wurde, im Sinken.
Lopatka hielt sich zunächst im mittleren Bedeutungsfeld der Partei als Staatssekretär, doch entfernte ihn Michael Spindelegger bei seinem Amtsantritt aus dem Finanzressort und Lopatka scheiterte bei seinem Streben nach der ÖAAB-Obmannschaft. Doch einige Monate später war der 56-Jährige wieder dick da, nunmehr als Staatssekretär im Außenministerium, dieses geleitet von jenem Spindelegger, der ihn kurz davor noch aus dem Kabinett entfernt hatte.
Dass es Lopatka immer wieder nach oben spült, hat natürlich seine Gründe. Da ist einmal sein Fleiß, seine effiziente Medienarbeit, politischer Instinkt und Erfahrung und, was vielleicht am meisten zählt, dass er für seine Partei zumindest am Posten-Sektor herausholt, was herauszuholen ist. So sind zwar auch manche in der eigenen Partei ob seiner Wendungen pikiert, doch wenn Lopatka seine Finger im Spiel hat und dann von Platz zwei aus ein Landeshauptmann-Posten in der Steiermark oder für zwölf Jahre das Amt der Rechnungshof-Präsidentin herausschaut, nimmt die Partei das gerne.
Was zur Krönung seiner Karriere noch fehlt, ist ein hohes repräsentatives Amt. Mit dem Landeshauptmann in der Steiermark wird es wohl nichts mehr, aber ein Ministerposten in anderer politischer Konstellation dürfte für den dreifachen Familienvater im Bereich des möglichen liegen, selbst wenn Parteichef Mitterlehner den aktuellen Machtkampf gewinnen sollte. Langen Atem hat sich Lopatka nämlich nicht nur bei dutzenden Marathonläufen, sondern auch in der Machtpolitik geholt.