Liegt im vorläufigen Endergebnis vom Sonntag Norbert Hofer (FPÖ) knapp vorne, wird man erst nach der Wahlkartenauszählung am Montag wissen, ob er oder Alexander Van der Bellen Bundespräsident wird.

Genauso spielte es sich im Mai ab: Im vorläufigen Endergebnis Sonntagabend war Hofer mit 143.672 Stimmen Vorsprung Erster. Auf Van der Bellen entfielen aber um 174.535 Briefwahlstimmen mehr als auf Hofer - also lag er letztlich mit einem Vorsprung von 30.863 bzw. 50,35 Prozent der Stimmen vorne. Daraufhin focht die FPÖ die Wahl an, der VfGH hob sie u.a. wegen Rechtswidrigkeiten bei der Briefwahlauszählung auf.

Auswertung dürfte wesentlich länger dauern

Mit den genauen Vorgaben der Verfassungsrichter für die Auszählung der Briefwahl begründet jetzt der Tiroler Landesamtsdirektor Josef Liener, dass die Auswertung diesmal wesentlich länger - vielleicht sogar bis Dienstag - dauern könnte. Am 23. Mai waren jedoch alle Wahlkarten schon vor 17.00 Uhr ausgezählt - auch in der Vielzahl der Bezirkswahlkreise, die gesetzeskonform gearbeitet haben.

Dabei hatten sie eine Rekordmenge an Briefwahlstimmen auszuwerten: 759.968 Stimmen bzw. 16,4 Prozent der Stimmen wurden per Briefwahl abgegeben. Es gab um fast 40 Prozent mehr Briefwähler als bei der Nationalratswahl 2013. Und schon die Zahl der Wahlkarten-Anträge - 885.437 - war weit höher als je zuvor.

Ob auch bei der jetzigen Adventswahl so viele Österreicher die Briefwahl nützen wie im sommerlich-warmen Mai ist fraglich. Die Hochrechner gehen davon aus, dass es diesmal etwas weniger Briefwähler geben könnte. Wissen wird man das am Freitag, 2. Dezember, abends. Dann veröffentlicht das Innenministerium die Zahl der ausgestellten Wahlkarten.

Die bisherigen Umfragen

Der Ausgang der Wahl scheint indes völlig offen zu sein. Darauf deuten auch die Umfragen der letzten Monate hin, die allesamt ein extrem knappes Kopf-an-Kopf-Rennen prognostizieren. In den meisten der jüngeren Erhebungen hat Norbert Hofer die Nase minimal vorne, der Abstand zu Alexander Van der Bellen beträgt allerdings meist nur wenige Prozentpunkte.

Angesichts der Schwankungsbreiten der veröffentlichten Umfragen lässt sich daher auch nicht im Ansatz seriös ablesen, welcher der beiden Kandidaten mit einem Vorteil in die Wiederholung der Stichwahl geht. Die zuletzt veröffentlichte Umfrage (Unique Research-Institut für ATV und Tageszeitung "heute" unter 1.500 Befragten) vom 18. November sah Van der Bellen mit 51 Prozent knapp vor Hofer mit 49 Prozent der Stimmen. Die Schwankungsbreite wurde mit 3,1 Prozentpunkten angegeben, womit auch hier offen bleibt, wer letztendlich die besseren Chancen hat.

In fünf davor (zwischen 19. September und 17. November) veröffentlichten Umfragen des Gallup-Instituts lag stets Hofer knapp in Führung - mit 50 bis 52 Prozent der Stimmen. Die Schwankungsbreite dieser Umfragen beträgt zwischen 3,4 und vier Prozent - womit ebenfalls Aussagen über den Ausgang der Wahl nicht seriös zu treffen sind.

Davor hatte in einer Unique-Research-Umfrage (800 Befragte) vom 9. September Van der Bellen mit 51 Prozent knapp die Mehrheit.

Wahlkarte nötig

Wie schon bei der aufgehobenen Stichwahl wieder nicht veröffentlicht werden laut Innenministerium am Montag die im Lauf des Tages eintröpfelnden Teil-Ergebnisse der Briefwahl-Auszählung. Erst nach Vorliegen des Gesamtergebnisses werden auch die einzelnen Bezirks- und Landesergebnisse (die Briefwahl wird auf Bezirksebene ausgewertet) bekanntgegeben. Wird ein Bundesland am Montag nicht fertig, könnte es somit tatsächlich bis Dienstag dauern, bis der Nachfolger Heinz Fischers offiziell feststeht.

Wahlberechtigte, die die Briefwahl nützen wollen - weil sie ortsabwesend, krank oder gehunfähig sind -, brauchen dafür eine Wahlkarte. Diese kann man sich auch in der kommenden Woche noch besorgen. Bis Mittwoch kann man einen schriftlichen Antrag (im Postweg, per Telefax, E-Mail oder eine Internetmaske) an die Gemeinde des Hauptwohnsitzes stellen, wenn man sich die Wahlkarte zuschicken lassen will. Wer die Wahlkarte persönlich abholt oder einen Boten damit beauftragt, hat noch bis Freitag, 12.00 Uhr, Zeit. Geht man selbst aufs Gemeindeamt, reicht ein mündlicher Antrag. Schickt man einen Boten, muss man ihm einen schriftlichen Antrag und die Vollmacht, die Wahlkarte mitzunehmen, mitgeben.

Diese Fristen sind zu beachten

Österreicher, die sich ihre Wahlkarte ins Ausland schicken lassen wollen, sollten dies allerdings bereits erledigt haben. Denn auch die Briefwahlstimmen müssen bis Sonntag, 4. Dezember, 17.00 Uhr bei der aufgedruckten Bezirkswahlbehörde eingelangt sein - und für den Postweg ins Ausland und zurück nach Österreich dürfte die Zeit nicht mehr reichen.

In Österreich haben Briefwähler bis Samstag, 9.00 Uhr früh, Zeit, die Wahlkarte in einen Postkasten zu werfen. Denn die Post entleert - ausnahmsweise - die Briefkästen auch am Samstag und bringt die Briefwahlstimmen zu den Wahlbehörden.

Außerdem kann man die Wahlkarte selbst oder per Boten direkt bei der Bezirkswahlbehörde abgeben - schon vor der Wahl und auch am Wahlsonntag selbst. Wer innerhalb Österreichs verreist, kann am 4. Dezember mit Wahlkarte in jedem Wahllokal wählen.