Internationale Studien halten es Österreich schon lange vor: Unser teures Schulsystem bringt zu große Risikogruppen hervor und zu wenige Hochqualifizierte. Um das zu ändern, legte heute die Regierung ihr Paket zur Schulreform vor. Bis zur endgültigen Umsetzung für alle wird es zehn Jahre dauern. Die Opposition bewertet das Paket vorsichtig positiv. Die Lehrervertreter warten ab.

Gemeinsame Leitung

Bis zu acht Schulen können künftig unter gemeinsamer Leitung stehen, mit gemeinsamem Sekretariat. Ein neues regionales Campus-System geht über die Cluster hinaus und bezieht auch die Kindergärten mit ein. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ): "Damit ist die durchgängige Betreuung vom Kindergarten bis zur  Matura gesichert, auch die Gestaltung der Übergänge."

Bildungsreform: Regierung präsentiert Autonomiepaket

Ende der 50-Minuten-Stunde

Die Unterrichtszeiten (Schulbeginn, Dauer der Unterrichtseinheiten) können künftig selbst bestimmt werden, die Gruppen- und Klassengrößen werden in schulische Autonomie übertragen, es gibt keine Unter- oder Obergrenzen mehr. Hammerschmid: "Die Pädagoginnen und Pädagogen entscheiden. In Projekten kann anders gearbeitet werden als in Deutsch, Englisch oder Mathematik."

Autonome Lehrerbestellung

Schulleiter können ihr Personal aussuchen, unter Zuhilfenahme von Vermittlungsplattformen. Hammerschmid: "Wo es keine Bewerbungen gibt, muss die Behörde nachsteuern." Was mit Lehrern geschehen soll, die an allen Standorten abgelehnt werden, ist noch nicht entschieden. „Da müssen wir uns noch Gedanken machen, wie wir damit umgehen“, gibt Hammerschmid zu.

Nachfrageorientierte Fortbildung

Die Direktoren müssen mehr als bisher Managementfähigkeiten mitbringen, über die über pädagogische Leitung hinaus, etwa in Bezug auf Personalentwicklung und Organisation,  Schulleiter auf werden für fünf  Jahre bestellt, danach unbefristet. Auch die PädagogenInnenfortbildung erfolgt maßgeschneidert und bedarfsorientiert.  

Qualitätssicherung und Controlling

Die Verantwortung liegt künftig am Schulstandort, aber es wird begleitendes Controlling, eng angelehnt an das Ministerium, geben, damit auch eine neue Rolle für die Schulaufsicht. Die Testung der Bildungsstandards soll weiterentwickelt und ausgebaut werden.

Umsetzung in Etappen

Die Schulautonomie wird ab dem Schuljahr 2017 / 2018 breit ausgerollt: "Leuchtturmschulen" sollen vorangehen und dann, im Zuge eines Fünf- bis Zehnjahresprozesses andere Schulen, so Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP), "an der Hand nehmen", um zu verhindern, dass Österreichs Schulen "flächendeckend zu Versuchslabors" werden. Die Schulen würden endlich in die Freiheit entlassen werden, wie zuvor schon die Universitäten, "das muss erst gelernt werden".

Mahrer abschließend: "Mit der Autonomie folgen wir den Empfehlungen von OECD und Rechnungshof,  die Schulen werden moderner, kindgerechter, leistungsfördernder, vernetzender, regionaler und transparenter."

"Kein Sparpaket"

Hammerschmid bekräftigte auf Nachfrage, bei diesem Schulpaket handle es sich um kein Sparpaket: "Die Ressourcen werden wie bisher zugeteilt, aber die Schulen können freier darüber verfügen."

Opposition vorsichtig positiv

Die Opposition hat sich am Dienstag vorsichtig positiv zu den von der Regierung vorgelegten Eckpunkten zum Schulautonomie-Paket gezeigt. Die NEOS sprachen von einem "mutigen Entwurf", das Team Stronach sah "seine Forderungen endlich umgesetzt". Die Grünen warten weiter auf das "Kleingedruckte".

Hinter der Cluster-Lösung mit bis zu acht gemeinsam verwalteten Schulen, die er "vorsichtig positiv" sieht könnten sich Einsparungen verstecken, fürchtet Grünen-Bildungssprecher Harald Walser in einer Aussendung. Außerdem werde die Segregation im Schulsystem verlängert, wenn gemeinsame Verwaltung von Pflicht- und Bundesschulen erst in einem zweiten Schritt möglich sein soll. Das Aufbrechen der 50-Minuten-Einheiten könnte wiederum am Lehrerdienstrecht scheitern.