Noch hat die SPÖ keine endgültige Entscheidung in Bezug auf Ceta, das geplante Handelsabkommen Kanadas mit der EU, gefällt. Meldungen, wonach Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) bei Ceta bereits eingelenkt habe, sind, wie die Kleine Zeitung in Erfahrung bringen konnte, nicht richtig. Österreich halte am Prüfvorbehalt weiterhin fest. Es gehe aber in die richtige Richtung, heißt es allerdings.

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau hat  indes vor einem Scheitern des geplanten Handelsabkommens CETA zwischen seinem Land und der EU gewarnt. Europa müsse jetzt entscheiden, "wozu die EU gut ist", sagte er am Donnerstag in Ottawa. Falls Europa "unfähig ist, ein fortschrittliches Handelsabkommen mit einem Land wie Kanada zu unterzeichnen, mit wem will Europa denn dann in den nächsten Jahren Handel treiben?", fragte Trudeau.

Kern hatte erklärt, für ihn sei vor allem maßgeblich, wie das deutsche Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe  entscheidet. Dieses urteilte nun, das Abkommen sei, mit Einschränkungen, zulässig. Die SPÖ will sich morgen in einer Parteisitzung auf eine erste Tendenz in Zusammenhang mit ihrer Linie zu CETA einigen. Die endgültige Position steht möglicherweise erst am Dienstag fest - da tagt der Handelsministerrat der EU.

Am Beipacktext wird noch gefeilt

Grund für die Vorsicht der SPÖ ist dem Vernehmen nach, dass am sogenannten Beipacktext für das Abkommen zwischen Kanada und der EU noch gefeilt wird. Und wenn diese im Fachjargon sogenannte "Joint Declaration" bis zur Sitzung des SPÖ-Präsidiums noch nicht in Endfassung vorliegt, dürfte sich dieses auf keine endgültig verbindliche Position festlegen.

Die Parteispitze werde das geplante Handelsabkommen mit Kanada "sehr sorgfältig bewerten. Ich kann dem nicht vorgreifen", sagte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter gegenüber dem ORF. Die Bedingungen zur Anwendung von CETA, die der deutsche Verfassungsgerichtshof heute der deutschen Regierung mitgab, würde sich aber mit den Zielen von Bundeskanzler Christian Kern decken. Auch der Chef der deutschen Schwesterpartei SPD äußerte sich bereits positiv.

Das Karlsruher Höchstgericht stellte am Donnerstag  fest,

  • die deutsche Regierung darf nur jenen Abkommensteilen zustimmen, für die zweifellos die Europäische Union (EU) zuständig ist. Dabei geht es etwa um das in Österreich vor allem beim ÖGB und der Arbeiterkammer (AK) umstrittene Investitionsschutzgericht.
  • Weiters müssten die Beschlüsse im zentralen CETA-Ausschuss "hinreichend demokratisch" rückgebunden werden, also zum Beispiel auf Basis von einstimmigen Beschlüssen der EU-Minister fallen.
  • Und in letzter Konsequenz müsse die deutsche Regierung aus dem Abkommen aussteigen können.

Am Mittwoch wurde heftig zwischen Wien und Brüssel verhandelt, ein Passus, wonach das Zusatzprotokoll rechtsverbindlichen Charakter besitzt, konnte auf EU-Ebene erfolgreich in die Papiere eingearbeitet werden. Spätestens am Montag muss sich die Regierung auf eine gemeinsame Position für den am Dienstag stattfindenden Handelsministerrat einigen. Dort wird Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) die Regierungslinie Österreichs vertreten.

Opposition bleibt skeptisch

Weiterhin skeptisch bleibt die Opposition: Das Abkommen beinhalte nach wie vor die umstrittenen Schiedsgerichte, das Vorsorgeprinzip werde ausgehebelt und öffentliche Dienstleistungen seien nicht umfassend abgesichert, so Grünen-Chefin Eva Glawischnig. Der von Kern gern zitierte Beipackzettel zu CETA verbessere nichts an all dem. Auch die heute in den Medien kolportierte - von Kern und Mitterlehner angeblich ausverhandelte - Rechtsverbindlichkeit der Zusatzerklärung helfe nichts.

Ein Nein zu Ceta fordert unverändert auch die FPÖ. Für die Neos zeigt dagegen das deutsche Urteil Kern den "Weg aus der Sackgasse".

Einige Länder zögern noch

Derzeit gibt es noch einige EU-Länder, die CETA in der bisherigen Form nicht zustimmen, neben Österreich sind das die Niederlande, Rumänien und das wallonische Regionalparlament in Belgien. Wallonien kündigte an, bei seinem Nein zu bleiben - die wirtschaftlich schwache Region in Belgien rechnet offenbar noch mit Zugeständnissen aus Brüssel. Sloweniens Regierung, ebenfalls lange skeptisch, gab bereits grünes Licht, die endgültige Entscheidung fällt im Parlament.