36 dringliche Fragen zu den Themen Zuwanderung und Arbeitslosigkeit hat die FPÖ an Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ). Um seine Antworten zu hören, hat die FPÖ mit einer Sondersitzung die Sommerpause des Nationalrates heute, Dienstag, vorzeitig beendet. Diese wurde auch genützt, um die Verschiebung der Hofburg-Wahl in die Wege zu leiten.
In der von Parteichef Heinz-Christian Strache erstunterzeichneten "Dringlichen" rechnet die FPÖ einmal mehr mit der Regierung ab: "Regierungsaustausch statt Bevölkerungsaustausch ist das Gebot der Stunde", zumal nur Inkompetenz und Streit das Bild der Koalition prägen würden. In Österreich herrsche eine "undifferenzierte Massenzuwanderung", die der Grund sei für die ständigen neuen Arbeitslosenrekorde, bemängeln die Freiheitlichen.
"Mit Augenmaß"
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) reagierte relativ ruhig auf die Vorwürfe Straches: Der "Reiz" sei wohl mit der Verschiebung der Hofburg-Wahl geringer geworden, hätte die Dringliche doch wohl "einem Kandidaten nützen sollen", konstatierte Kern zu der vor der Verlegung von der FPÖ initiierten Sondersitzung. In der Sache strich Kern mehrfach seine Übereinstimmung mit Strache heraus - um dann aber regelmäßig andere Schlussfolgerungen als der FPÖ-Chef zu ziehen. So teilte er die Ansicht, "dass Migration und Zuwanderung unser Land bewegt und den Menschen Sorge macht". Aber er sehe es als Aufgabe, "auf diese Ängste mit Augenmaß und Realitätssinn zu antworten" und die Probleme einer Lösung zuzuführen - und nicht die Debatte und die Ängste zu schüren. "Ich will Polarisierung und Spaltung vermeiden", hielt er Strache entgegen.
Kern bekannte sich zum "Prinzip, dass wir die Zuwanderung zu begrenzen haben" auf ein "integrierbares Maß", bringe sie doch große Herausforderungen für Arbeitsmarkt, Bildungssystem, Wohnmarkt und die Sicherheit. Aber er lehnte es ab, von einem "Schaden" durch Flüchtlinge zu sprechen, denn es gehe um "Menschen, die vor Zerstörung, Krieg und Klimakatastrophen geflüchtet sind". Deshalb seien alle "gut beraten, sehr auf unsere Formulierungen aufzupassen".
Antrag auf Wahlverschiebung eingebracht
Zudem wurde der Vier-Parteien-Initiativantrag zur Verschiebung der Bundespräsidentenstichwahl von 2. Oktober auf 4. Dezember 2016 heute im Nationalrat eingebracht. Wie angekündigt werden darin der neue Wahltag (und Stichtag), die Verwendung des alten Kuvertmodells, die Erstellung neuer Wählerverzeichnisse und die Vernichtung der alten, bereits abgeschickten Wahlkarten festgelegt.
Der von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS eingebrachte Antrag wird noch heute, Dienstag, dem Verfassungsausschuss des Nationalrats zugewiesen. Der Beschluss im Nationalrat soll dann kommende Woche in der Sitzung am 21. September erfolgen.
Der Antrag sieht ein Bundesgesetz vor, mit dem das Bundespräsidentenwahlgesetz 1971 (BPräsWG) geändert wird. Per - einmalig anwendbarer - Verfassungsbestimmung wird die Wiederholung des zweiten Wahlganges der Bundespräsidentenwahl 2016 für den 4. Dezember 2016 ausgeschrieben. Als Stichtag gilt der 27. September 2016. Die alte Verordnung der Bundesregierung für die Stichwahl-Wiederholung wird aufgehoben.
Ebenfalls per Zweidrittelmehrheit wird vorgesehen, dass all jene wahlberechtigt sind, die am Tag der Wahl das Wahlrecht zum Nationalrat besitzen (also Österreicher ab 16). Sie sind in neue Wählerverzeichnisse einzutragen. Ohne diese Regelung hätte hier weiter der Stand vom 24. April 2016, dem ersten Wahltag, gegolten. Nun können auch jene rund 45.600 Jugendlichen wählen, die seither das 16. Lebensjahr vollendet haben.
Weiters sind in dem Gesetz Bestimmungen enthalten, die die Verwendung des alten, von 1990 bis 2009 bei bundesweiten Wahlen zum Einsatz gebrachten Wahlkarten-Vordrucks vorsehen. Das neuere Kuvertmodell - bei diesem sind die persönlichen Daten des Wählers durch eine Lasche abgedeckt und für den Zusteller daher nicht ersichtlich - hatte durch das Lösen der Verklebung die Wahlverschiebung notwendig gemacht.
In der Antragsbegründung wird ausführlich erklärt, warum die Verschiebung aus Sicht der Antragsteller notwendig wurde. Es könne nicht prognostiziert werden, wie viele Wahlkarten tatsächlich technische Mängel aufweisen, "im Extremfall könnte ein Großteil der versendeten Wahlkarten betroffen sein". Dies habe in der Öffentlichkeit zu einer großen Unsicherheit geführt. Ein Austausch erscheine sowohl aus technischen als auch aus logistischen Gründen ausgeschlossen, ein rechtzeitiger Neudruck nicht durchführbar.
Eine Verschiebung sei unumgänglich, gesetzlich aber unter diesen Umständen nicht vorgesehen. Daher sei auch eine gesetzliche Regelung unumgänglich. Die Bildung neuer Wählerverzeichnisse werde wegen der großen Zeitspanne zwischen den Wahlgängen als "demokratiepolitisch dringend erforderlich" erachtet.