Bundeskanzler Christian Kern fordert einen grundsätzlichen Kurswechsel in der europäischen Wirtschaftspolitik und die Abkehr vom EU-Sparkurs. "Viele Menschen in Europa haben nachhaltig unter dieser Politik gelitten, ebenso wie ihr Glaube an das Wohlstandsversprechen der europäischen Einigung", schrieb der SPÖ-Politiker in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag).
Kern sieht die Sparpolitik der EU in den vergangenen Jahren kritisch. Sie sei die eigentliche Ursache für die zunehmende antieuropäische Stimmung. Um Europa wieder zu einem "Kontinent der Hoffnung" zu machen, müssten die öffentlichen Investitionen in der EU massiv erhöht werden. Die im Plan der EU-Kommission für mehr Investitionen in Europa vorgesehenen 315 Milliarden Euro seien viel zu wenig: "Selbst die Verdoppelung der Mittel wird wohl nicht genug sein."
Diese Entwicklung sei die eigentliche Ursache für die zunehmende antieuropäische Stimmung, argumentierte Kern. Die EU werde von "ihren Bürgern primär als Promotor einer unfairen Modernisierung gesehen", während "sie ihrem Auftrag, vor den Verwerfungen einer globalisierten Wirtschaft zu schützen", nicht nachkomme.
Den Hauptgrund für die Ablehnung des transatlantischen Freihandelsabkommens TTIP sehe er in der "Abkehr von der geübten europäischen Praxis, Verlierer von Liberalisierungsschritten über die staatlichen Umverteilungsmechanismen für die Übernahme der Risiken zu entschädigen", so der Bundeskanzler in der Montagsausgabe der "FAZ".