Reinhold Mitterlehner zeigt sich trotz permanenter medial kolportierter Ablösegerüchte durchSebastian Kurz nicht amtsmüde als ÖVP-Parteiobmann. "Ich bin nach wie vor ausgesprochen motiviert", stellte Mitterlehner im Interview mit der APA klar. Er räumte aber ein, dass sich die Partei inhaltlich und organisatorisch "weiterentwickeln" muss.

Die ÖVP tritt am Sonntag und Montag zum Bundesparteivorstand bzw. zur Bundesparteileitung zusammen. Dabei wird neben den Themen Mindestsicherung, Integration und ORF-Gebührenerhöhung auch die Situation der Partei besprochen, erklärte Mitterlehner.

Diskussion "übertrieben"

Die mediale Diskussion darüber, dass seine Regierungsmitglieder über den Sommer laufend Vorschläge etwa zu Integration und Asyl präsentierten, hält Mitterlehner jedenfalls für "übertrieben". Viel eher sei es üblich, dass Minister Vorschläge aus ihren jeweiligen Ressorts machen: "Was wir in Zukunft stärker forcieren müssen, ist die gleichzeitige Einbeziehung des Koalitionspartners." Im Bereich der Integration sie dies mit der Übermittlung des Gesetzesentwurfs bereits passiert, so der Vizekanzler.

Nicht nachvollziehen kann er, dass darüber debattiert werde, dass überhaupt Vorschläge erbracht werden. Wäre dies nicht der Fall, "gäbe es den Vorwurf, es wird nichts vorgeschlagen", meinte er in Richtung Medien. Grundsätzlich müsse nicht nur der Vizekanzler Vorschläge präsentieren, verteidigte er die Vorgangsweise seiner Teammitglieder.

Das von Außenminister Kurz in Alpbach präsentierte Wirtschaftsprogramm wollte der Wirtschaftsminister dann nicht als solches bezeichnen, denn dabei handle es sich um die Serviceaktivitäten des Außenministeriums für Unternehmen. Diese seien gemeinsam mit den Botschaften in einem Workshop erarbeitet worden. "Aus dem heraus was anderes abzuleiten, ist in der Gesamtsituation vielleicht nachvollziehbar, aber hat keinen sachlichen Hintergrund", erklärte Mitterlehner.

Als "überspitzte Ableitung" hingegen bezeichnete er die Unterstellung, er habe im jüngsten ORF-"Sommergespräch" amtsmüde agiert. Die Aussage, dass er niemandem im Weg stehen würde etwa, bedeute, dass er sich an keine Funktion klammert. "Ich bin nach wie vor ausgesprochen motiviert", betonte Mitterlehner daher und kündigte "sowohl inhaltliche als auch organisatorische Schritte" an. Ob er von den ständigen Fragen nach seiner Ablöse genervt ist, dazu meinte der Parteichef: "Nerven ist vielleicht der falsche Ausdruck. Aber die Substanz wird durch die Wiederholung nicht besser."

Die Situation der Partei werde auch im Vorstand angesprochen, die Frage sei aber eindeutig geklärt: "Nachdem es anders interpretiert wird, formuliere ich es gerne auch deutlicher: Ich bin für vier Jahre gewählt und werde meine Verantwortung entsprechend intensiv wahrnehmen, auch wenn die Situation momentan nicht einfach scheint." Geschäftszweck der Partei sei es jedenfalls nicht, Meinungsumfragen oder mediale Diskussionen zu reflektieren, sondern Problemlösungen für die Bürger zu erarbeiten. Angesprochen auf seinen Generalsekretär Peter McDonald räumte Mitterlehner ein, dass das organisatorische und inhaltliche Auftreten der Partei weiterzuentwickeln ist: "Ja, es ist zu entwickeln. So viel kann man aus Umfragen und Befindlichkeiten ableiten."

Mitterlehner ist der Meinung, die Partei habe aus der Zeit seines Vorgängers Michael Spindelegger gelernt. Eine Obmanndebatte werde wenn, dann von den Medien, aber nicht der Partei betrieben. Der Vizekanzler will aktuell auch keine Neuwahldiskussion führen, befürchtet er doch nur eine weitere Emotionalisierung und Polarisierung: "Das sehe ich absolut nicht sinnvoll." Auch über mögliche Koalitionen - etwa Blau-Schwarz oder ein Dreiergespann mit SPÖ, NEOS oder Grünen - will er nicht spekulieren: "Daran ist der Wähler total uninteressiert, der will konkrete Lösungen sehen."

Die jüngsten Vorstöße der ÖVP-Minister - etwa Burka-Verbot oder Verschärfung der Asylgesetze - sieht Mitterlehner dann auch nicht als Rechtsruck: "Dem Vorwurf begegnen wir wirklich gelassen." Das Burka-Verbot etwa werde in vielen europäischen Staaten diskutiert. Hier gebe er Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) zwar recht, dass es sich "absolut gesehen um ein ganz kleines Thema" handelt, da nur etwa 100 oder 200 Personen davon betroffen sind: "Als Symbol der Integrationsunwilligkeit muss man dem aber mit einem klaren Signal begegnen."

Wann es in Oberösterreich und Niederösterreich zu einer Amtsübergabe der Landeshauptmänner kommt, sei Angelegenheit der jeweiligen Landesparteien, betonte Mitterlehner. Dass der Nachfolger von Josef Pühringer in Oberösterreich Thomas Stelzer heißen werde, dazu gebe es bereits eine Vorentscheidung. Alles andere seien "Gerüchte und Spekulationen ohne formalen Hintergrund".