Herr Minister, der Flüchtlingsdeal mit der Türkei steht vor dem Aus – kann diese Krise ohne Beteiligung der Türkei gelöst werden?
HANS PETER DOSKOZIL: Diese Migrationskrise muss für die EU auf jeden Fall alleine zu lösen sein, ja.

In der EU legen sich aber immer mehr Länder quer.
DOSKOZIL: Das tun sie, weil sie das Vertrauen in die EU verloren haben. Also müssen wir ihnen beweisen, dass wir die Außengrenzen schützen können, damit sie das Vertrauen wieder gewinnen und nicht mehr blockieren.

Wird der Flüchtlingsdeal mit der Türkei bald platzen?
DOSKOZIL: Die Gefahr ist groß. Ich kann mir beim besten Willen keine Visa-Liberalisierung für die Türkei vorstellen – die darf es aus meiner Sicht nicht geben.

Hat das Abebben des Stroms nicht ohnehin mehr mit der Schließung der Balkanroute zu tun?
DOSKOZIL: Es hat wohl auch damit zu tun. Aber wir haben jetzt schon wieder an die 700 Asylanträge in der Woche. Mit Sicherheit hat das Türkei-Abkommen allerdings bewirkt, dass die Überfahrten nach Griechenland stark zurückgegangen sind.

Wie weit entfernt ist man von der Asylobergrenze von 37.500?
DOSKOZIL: Wir stehen momentan etwa zwischen 25.000 und 26.000 zugelassenen Verfahren.

Innenminister Sobotka drückt bereits aufs Gas, die Notverordnung zu beschließen. Ab wann wollen Sie mit ihm darüber reden?
DOSKOZIL: Wir führen laufend Gespräche zur Sonderverordnung, der Verordnungstext muss ja vorbereitet und begutachtet werden. Wenn wir die 30.000 überschritten haben, sollten wir wohl damit in Begutachtung gehen.

Wann wird man die 37.500 Asylanträge erreichen?
DOSKOZIL: Folgt man der momentanen Entwicklung, wird das etwa im November der Fall sein.

Was passiert mit dem berühmten 37.501. Flüchtling, der hier einen Asylantrag stellen möchte?
DOSKOZIL: Vor der Verordnung müssen wir mit Ungarn Rücknahmen vereinbaren. Ich will der Bevölkerung nicht sagen, wir haben jetzt die Verordnung und am Tag darauf funktioniert sie doch nicht, weil uns die Ungarn die Migranten nicht zurücknehmen.

Und Nummer 37.501?
DOSKOZIL: Wenn er eine familiäre Anbindung in Österreich hat – also beispielsweise Vater oder Mutter bei uns im Land sind – darf er einen Asylantrag stellen.


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