Grundsätzlich galt der heutige Freitag als endgültiger Tag der Entscheidung über jene 2.276 Kindergartenplätze, die der private Trägerverein "Alt-Wien - MUKU - Arbeitsgemeinschaft für multikulturelle Kindergartenpädagogik" stadtweit betreibt. Sollten die Verhandlungen über eine Last-Minute-Einigung scheitern, müssten die 33 Standorte ab Montag geschlossen bleiben, hieß es im Vorfeld.

Am Vormittag paktierten Stadt und Verein bei einem Treffen der jeweiligen Anwälte schließlich tatsächlich einen für beide Seiten annehmbaren Kompromiss, teilten Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) und Daniela Cochlar, Leiter der für Kindergärten zuständigen MA 10, zu Mittag mit. Die Krux an der Sache: Unterschrieben ist das Papier noch nicht. Denn der Vereinsverantwortliche Richard Wenzel konnte aufgrund der knappen Zeit keine Bankgarantie über die zurückgeforderten, weil laut Rathaus zweckwidrig verwendeten Fördermittel in Höhe von 6,6 Millionen Euro vorlegen.

Noch ist alles offen

Die Stadt gab ihm bis Mittwoch Zeit, diese nachzureichen. Sollte das nicht passieren, ist der letzte Rettungsversuch gescheitert. Die Eltern von knapp 2.300 Kinder müssten dann einen neuen Betreuungsplatz suchen. Frauenberger und Cochlar zeigten sich nichtsdestotrotz äußerst zuversichtlich, dass spätestens am Mittwoch alles unter Dach und Fach ist. Und auch Wenzel versicherte gegenüber der APA, er werde fristgerecht eine Besicherung vorlegen. Seine Hausbank sei bereits informiert: "Das sollte relativ schnell über die Bühne gehen."

Fix ist allerdings noch nichts. Falls die Sache doch noch schief geht, sollen Eltern jedenfalls einen gewisser Puffer haben, um einen neuen Kindergarten zu finden. Deshalb hat sich die Stadt dazu entschlossen, "Alt-Wien" für den August noch einmal eine Fördertranche auszubezahlen. Die 6,6 Millionen Euro muss Wenzel übrigens binnen maximal fünf Jahren retournieren. Wie viele Kinder in den vergangenen Tagen bereits von verunsicherten Eltern ab- bzw. umgemeldet wurden, weiß man im Rathaus nicht.

Vorwurf: Zweckentfremdete Förderungen

Die Oppositionsparteien zeigten sich jedenfalls alles andere als zufrieden mit der nochmaligen Fristaufschiebung. Die FPÖ forderte deshalb, dass die Stadt alle gut 300 Mitarbeiter sowie die gesamten Standorte übernehmen soll. Eine Option, die Frauenberger bereits ausgeschlossen hatte, da sich die Immobilien ihren Angaben nach nahezu alle in Wenzels Besitz befinden. Die ÖVP bekrittelte das "logische Ergebnis von Ignoranz, Nachlässigkeit, Unprofessionalität und Realitätsverweigerung" und forderte eine Reform des Förderwesens. Die NEOS wiederum bekräftigten ihren Wunsch nach einer einjährigen Bestandsgarantie für die betroffenen Plätze.

Die Situation war eskaliert, nachdem die Stadt den Verein kürzlich mit einem Förderstopp belegt hatte. Denn Wenzel soll zwischen 2009 und 2014 insgesamt 6,6 Fördermillionen nicht zweckmäßig verwendet haben. Das Geld soll u.a. in familieneigene Immobilien wie das Schloss Bad Aussee, in eine Ballettschule oder in den Bau eines Hauses, in dem neben einem Kindergarten auch Wohnungen untergebracht sind, geflossen sein. Die Stadt brachte deshalb auch eine Anzeige wegen Betrugs und Förderungsmissbrauchs bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein. Monatelange Verhandlungen im Vorfeld, als der Fall noch nicht öffentlich bekannt war, hatten zu keinem Ergebnis geführt.