Der Vergleich mit dem Vatikan hinkt etwas. Über dem Verfassungsgerichtshof wird kein weißer Rauch aufsteigen, auch können die Höchstrichter jederzeit das Gebäude verlassen. Im weitesten Sinn sind die Parallelen dennoch zutreffend: Seit Mittwoch abends sind die 14 Höchstrichter in Klausur und tagen quasi in Permanenz.
Das Ziel der Übung ist klar: Angesichts der politischen Brisanz will der Verfassungsgerichtshof nicht die bis zum 6. Juli durch die Verfassung gewährte Frist ausreizen, also bis zur letzten Minuten die Öffentlichkeit im Ungewissen lassen, ob die Hofburg-Stichwahl wiederholt werden muss oder nicht. Nach Informationen der Kleinen Zeitung verdichten sich die Hinweise, dass die Höchstrichter bereits am morgigen Freitag, spätestens am Samstag vor die Medien treten wollen, um das Urteil zu verkünden. Zuvor müssen noch beide Parteien, also Van der Bellens Rechtsanwältin Maria Windhager und Dieter Böhmdorfer, Hofers Rechtsanwalt, gehört werden. Eine Verkündung am Sonntag ist unwahrscheinlich.
Neue Stichwahl am 25. September?
Wie die Höchstrichter entscheiden werden, weiß man frühestens, wenn Verfassungsgerichtshofpräsident Gerhart Holzinger vor die Öffentlichkeit tritt und den Beschluss bekannt gibt. Insider gehen davon aus, dass die 14 Höchstrichter keine andere Möglichkeit haben, als die Wahl aufzuheben und zumindest eine Wiederholung des zweiten Durchgang zu beantragen. Im Gespräch ist der 25. September, allenfalls der 2. Oktober.
Konkret hieße dies, dass Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer noch einmal in den Ring steigen müssten. Ersatzkandidaten können keine aufgestellt werden. Überlegt es sich einer der beiden Kandidaten, ändert dies nichts, denn beide Namen bleiben auf dem Stimmzettel.
In der Zwischenzeit würden die drei Nationalratspräsidenten Doris Bures, Karlheinz Kopf und Norbert Hofer die Amtsgeschäfte des Bundespräsidenten übernehmen und vom Parlament aus die Rechte des Staatsoberhaupts wahrnehmen.