Ihm gehe es darum, wieder die Lufthoheit über die Stammtische zu gewinnen, so der neue Bundeskanzler und SPÖ-Parteivorsitzende, Christian Kern: "Dafür müssen wir sehr viel stärker in die inhaltliche Diskussion gehen", meinte Kern gegenüber Journalisten.
Was sich die SPÖ-Spitze da vorstellt, skizzierte Niedermühlbichler umgehend. Die Partei wolle ihre Positionen zu einer fairen Verteilung von Arbeit und Vermögen unters Volk bringen. Was die Wertschöpfungsabgabe angeht, steht Kern zwar zu diesem Vorschlag, betonte aber auch: "Die SPÖ keine Steuererhöhungspartei."
Zweite Aufgabe, die Niedermühlbichler - für Kern ein "Vollprofi" - erledigen soll, ist ein Überdenken der Organisationsmodelle in der SPÖ. Die Partei solle Offenheit signalisieren, damit manche ein Stück des Weges mit ihr gehen wollten, bemühte Kern eine alte Devise aus der Ära Bruno Kreiskys.
"Ganz und gar gering" schätzt der Kanzler die Gefahr ein, dass Neuwahlen bevorstünden, auch wenn Niedermühlbichler die SPÖ für einen allfälligen Urnengang fit machen will. Vielmehr glaubt Kern, dass die Schnittmenge mit der ÖVP noch lange nicht ausgeschöpft sei: "Unser Ziel sind gemeinsame Projekte." Der SPÖ-Chef sieht sich da mit dem ÖVP-Obmann durchaus auf einer Linie: "Reinhold Mitterlehner hat eine sehr ähnliche Sicht der Dinge."
Dass die Kür der Rechnungshof-Präsidentin schlecht gelaufen ist, seht für Kern außer Diskussion. Es könne nicht das Prinzip der Regierungsparteien sein, den jeweils anderen schlecht aussehen zu lassen. Dies wäre eine "Torheit", so Kern.
Schon vor der Sitzung war aus dem SP-Lager zu hören gewesen, dass die Partei erst nach dem Sommer entscheiden werde, nach welchen Kriterien künftige Koalitionspartner ausgesucht werden. Das kündigte Wiens Bürgermeister Michael Häupl vor dem SPÖ-Präsidium gegenüber der APA an. Diese Frage werde gemeinsam mit inhaltlichen und organisatorischen Fragen beim derzeit für November anberaumten Parteitag entschieden.
Die Koalitionskriterien haben insofern Brisanz, als sie indirekt jenen Beschluss aushebeln könnten, der der Partei eine Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ verbieten soll. Häupl hatte zuletzt in Aussicht gestellt, dass schon beim Wahl-Parteitag in zwei Wochen eine Entscheidung fallen könnte. Nunmehr nimmt man sich für diese Frage doch mehr Zeit.