Am liebsten wäre SPÖ-Klubchef Andreas Schieder, die Koalitionsparteien hätten sich gemeinsam mit einer oder mehreren Oppositionsparteien auf eine Person geeinigt. Bundeskanzler Christian Kern hätte lieber "ganz unabhängige Kandidaten" gesehen.
Dem Parlament liege nun eine gewisse Kandidatenliste vor. Der Spielraum "ist damit ganz ordentlich eingeschränkt", die Auswahl - was Kerns Anforderungsprofil betrifft - "sehr eingeschränkt". Anders sah das Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner (ÖVP), der generell auf die Auswahl des bestgeeigneten Kandidaten pochte.
Zum Frage des gegenseitigen Überstimmens meinte Kern: "Wir sind alle gut beraten, die Texte zu lesen." Ob dies auf das Koalitionsübereinkommen und die dort festgelegten Regeln für einen Koalitionsbruch gemünzt war, blieb offen. "Ich habe sie gelesen", sagte jedenfalls Mitterlehner.
Lopatka hatte sich gegenüber der APA am Montag für eine Person mit Erfahrung in einem Politik-Kabinett ausgesprochen. Am Dienstag beharrte er darauf, eine seiner beiden Kandidatinnen auch gegen den Willen der SPÖ als Präsidentin durchzusetzen. Ein Koalitionsbruch wäre das nicht, so der ÖVP-Klubobmann. "Offen gesagt bin ich etwas überrascht, dass der ÖVP-Klubchef in seiner Giftküche sitzt und versucht, Zwietracht zu säen und ein billiges, mieses taktisches Spiel zu spielen", zeigte sich Schieder über Lopatkas jüngste Aussagen verärgert. Viele in dessen Partei würden diese Vorgangsweise ablehnen "und lieber einen konstruktiven Weg gehen", meinte der SPÖ-Klubobmann am Dienstag im Gespräch mit der APA weiter.
Die SPÖ jedenfalls gehe den "konstruktiven Weg, weil uns ist die Funktion des Rechnungshofpräsidenten wichtiger als taktische Spielchen", so Schieder. Man werde sich daher nach dem Hearing am Mittwoch überlegen, welcher der Kandidaten von der Ausbildung, der Objektivität und der notwendigen Distanz und Akzeptanz die Aufgabe am besten erfüllen kann. "Ich halte nichts davon, dass Lopatka leichtfertig damit umgeht. Das zeigt wes Geistes Kind er ist", der Klubchef sei offenbar "noch nicht emanzipiert von der Rolle des tricksenden ÖVP-Generalsekretärs unter Schwarz-Blau", stellte Schieder fest.
Zum etwaigen Koalitionsbruch wollte sich Schieder nicht äußern. Nun gehe es zunächst um das Kandidatenhearing, wichtig sei, dass sich der neue Präsident oder die Präsidentin auf eine möglichst breite Mehrheit von Regierungs- und Oppositionsabgeordneten stützen könne.