Laut einer EU-Vereinbarung ("Dublin III-Verordnung") ist jenes Mitgliedsland für die Abwicklung der Asylverfahren zuständig, in dem ein Flüchtling zum ersten Mal EU-Territorium betritt. Allerdings haben Flüchtlinge in Ungarn kaum Chancen auf Asyl (im Vorjahr gab es 545 positive Entscheidungen, in Österreich 17.750). Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof Ungarn als für Flüchtlinge nicht sicher eingestuft und die Überstellung einer afghanischen Familie im vorigen September gestoppt. Seitdem wurden nach Angaben eines Ministeriumssprechers keine Dublin-Rückführungen nach Ungarn mehr durchgeführt.

Zurückweisungen an der österreichisch-ungarischen Grenze soll es, wenn die "Notverordnung" zur Einhaltung der Flüchtlings-Obergrenze in Kraft tritt, aber trotzdem geben. "Aus dem Umstand, dass es eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Dublin-Überstellungen nach Ungarn gibt, leitet sich nicht ab, dass bei einer Grenzkontrolle bei Einreise von Ungarn nach Österreich jeder das Recht hat, einzureisen", so ein Ministeriumssprecher auf APA-Anfrage. Die abgewiesenen Flüchtlinge müssten dagegen beim jeweils zuständigen Landesverwaltungsgericht berufen.

Sobotka begründete das am Mittwoch im "Standard" auch mit Aussagen des ungarischen Justizministers. "Außerdem hat mir der Justizminister in Budapest versichert, dass sein Land ein sicheres Drittland sei - daher können wir nach Ungarn zurückweisen", meinte Sobotka. Wann die Notverordnung in Kraft tritt, ist allerdings noch unklar. Nötig ist dazu ein Regierungsbeschluss, der frühestens nach Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes erfolgen könnte. Man beobachte die Situation laufend und werde dann situationsbedingt entscheiden, hieß es dazu auf APA-Anfrage im Ministerbüro.

Der Verwaltungsgerichtshof widerspricht aber Sobotka. Den Argumenten, mit denen damals festgestellt wurde, dass einer Asylwerberin mit drei minderjährigen Kindern in Ungarn unmenschliche Behandlung drohen könne, sei in der Zwischenzeit juristisch nichts entgegengehalten worden, so ein VwGH-Sprecher im "Standard" (Donnerstagausgabe). Im Fall einer Notverordnung müsse geprüft werden, ob Rückweisungen an der ungarischen Grenze zulässig sind.

SPÖ-Klubchef Andreas Schieder kann sich wie Sobotka vorstellen, für die gewisse Delikte den Strafrahmen nachzuschärfen, wie er in einem Interview mit der Zeitung erklärte, kritisierte Sobotka aber: "Anstatt dauernd Forderungen aufzustellen und darüber zu reden, soll der Minister seine Arbeit machen und abschieben." Zurückweisungen nach Ungarn sind für Schieder "eine Sachfrage, die einfach innerhalb der Koalition zu klären ist".