Ostermayer geht "aufgrund der vielen Gespräche, die ich geführt habe" davon aus, dass Faymann auch nach dem Bundesvorstand am Montag weiterhin Parteichef sein werde, sagte er im Ö1-"Mittagsjournal". Außer Salzburgs Walter Steidl würden alle Landesvorsitzenden Zustimmung zum derzeitigen Fahrplan signalisieren, erst nach Einsetzen einer Strategiegruppe einen Parteitag im November abzuhalten. Nun gelte es erst einmal, den kommenden Montag abzuwarten, an dem mehrere Gespräche zur Zukunft der SPÖ stattfinden sollen.
Auch Doskozil versuchte zu kalmieren: Es brauche eine inhaltliche Debatte und keine personelle. "Werner Faymann ist unser gewählter Vorsitzender, und er ist unser Regierungschef. Gerade in schwierigen Zeiten verdient er Unterstützung", beschwor der Verteidigungsminister in einer Aussendung "Zusammenhalt und Solidarität".
Auch Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske richtete einen Appell an die Verantwortungsträger in der SPÖ: "Unterschiedliche Meinungen zu inhaltlichen und personellen Themen sind in den Gremien offen zu diskutieren. Einzelmeinungen in die Öffentlichkeit zu tragen, ist in politisch schwierigen Situationen nicht hilfreich." Und weiter: "Es ist Zurückhaltung angesagt, bis die Gremien getagt haben."
Die Kritik innerhalb der SPÖ an Werner Faymann verstummte trotzdem nicht. In einem offenen Brief appellierte der Vorsitzende der Bau-Holz-Gewerkschaft Josef Muchitsch an den Parteichef, sich zurückzuziehen und sprach sich für ÖBB-Chef Christian Kern als Nachfolger aus. Sympathie für Kern äußerten im Nachrichtenmagazin "profil" auch der Kärntner SPÖ-Chef Peter Kaiser und Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden.
"Ich habe Werner Faymann beim letzten Bundesparteitag vom Rednerpult aus voll unterstützt", schreibt Muchitsch laut "profil" in seinem Brief. Aber: "Es ist Zeit, dass Werner Faymann loslässt." Und weiter: "Was mich betroffen macht: dass Werner Faymann nicht selbst erkennt, dass seine Zeit in der Politik vorbei ist." Laut dem SPÖ-Abgeordneten wäre der Bundesparteivorstand gut beraten, Kern zum neuen Mann an der Spitze zu küren. Dieser sei ein richtiges Zeichen für einen Neustart. "Mit seiner sozialen Einstellung und als Machertyp, der dort gestaltet und verändert, wo es notwendig ist, kann er unbeeinflusst die SPÖ neu aufstellen", schreibt der Gewerkschafter.
Auch der Kärntner Landeshauptmann Kaiser lässt in der Frage der Faymann-Nachfolge eine Präferenz für Kern durchblicken. "Ich halte sehr viel von ihm", sagte er. Über Medien-Manager Gerhard Zeiler, der ebenfalls als Nachfolger Faymanns gehandelt wird, sagte Kaiser nur: "Ich habe nichts Negatives über ihn gehört, aber kein konkretes Bild von ihm." Zudem meinte der Kärntner Parteichef, dass eine Personaldebatte in der SPÖ längst im Gange sei. "Jeder, der etwas anderes sagt, verkennt die Realität. Glauben Sie mir, das spürt auch Werner Faymann."
Unterdessen sehen politische Beobachter durchaus Chancen, dass sich Werner Faymann noch eine Zeit lang als SPÖ-Chef halten kann. Der Partei bringe ein rascher Wechsel nur dann etwas, wenn der Nachfolger unbestritten sei und vor allem über ein umfassendes inhaltliches Pouvoir verfüge, sagte Politologe Thomas Hofer zur APA. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer warnte vor einer Vorverlegung des Parteitags.
"Dass er den Montag politisch überlebt, würde ich nicht ausschließen", so Hofer zu den Zukunftsaussichten Faymanns anlässlich des für diesen Tag angesetzten Parteivorstands. Viele Kräfte in der Partei stünden nicht mehr hinter ihm, aber es mangle an einem "Wunderwuzzi" als Ersatz. Auch gebe es einen deutlichen Unterschied zur Ablöse von Alfred Gusenbauer 2008. Dieser habe relativ rasch aufgegeben. "Faymann ist da ganz anders. Er kämpft offensichtlich, mit alles anderem als stumpfen Waffen."
Für Bachmayer ist die von Faymanns innerparteilichen Gegnern angestrebte Vorverlegung des Parteitags der völlig falsche Weg. "Das wäre die Fortsetzung der Selbstzerfleischung." Es gehe keineswegs nur um eine Personalentscheidung, sondern auch um die innere Ausrichtung, was etwa die Flüchtlingspolitik und das Verhältnis zur FPÖ betreffe. "Mit kommt das alles sehr amateurhaft vor", so sein Urteil über die Gegner des aktuellen SPÖ-Vorsitzenden.
Faymann abzusetzen und statt ihm ÖBB-Chef Christian Kern oder Medien-Manager Gerhard Zeiler, ohne zu wissen, welche Richtung einzuschlagen sei, bringt aus Sicht des OGM-Chefs nichts. Besser wäre der Versuch, bis November Zeit zu gewinnen und all diese Fragen zu klären.
Die SPÖ sieht Bachmayer jedenfalls in einer Doppelmühle gefangen: Eine Annäherung an die FPÖ könnte das Wegbrechen eines Teils der Partei Richtung Links bringen, der gegenteilige Weg einen weiteren Wählerverlust Richtung Freiheitliche. Am Ende sei die Partei zwar noch nicht, Ergebnisse deutlich unter 20 Prozent Wählerzustimmung aber nicht auszuschließen.