In der SPÖ spitzt sich der Streit um eine mögliche Ablöse Werner Faymanns weiter zu: In einem offenen Brief im "profil" appelliert der SPÖ-Mandatar und Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch an SPÖ-Chef Werner Faymann, sich zurückzuziehen. "Es ist Zeit, dass Faymann loslässt", schreibt Muchitsch. Und er merkt an: "Was mich betroffen macht: dass Werner Faymann nicht selbst erkennt, dass seine Zeit in der Politik vorbei ist."
Salzburgs SPÖ-Chef Walter Steidl erneuerte Freitagabend in der ZIB2 seine Kritik an Bundesparteiobmann Werner Faymann. Faymann könne ihn „und viele andere“ nicht mehr erreichen, so Steidl, der sich einmal mehr für eine Vorverlegung des Bundesparteitages aussprach.
"Mehrheit hinter ihm"
SPÖ-Regierungsmitglieder versuchen, den parteiinternen Kritikern von Bundeskanzler Werner Faymann etwas entgegenzusetzen. So sprach Kanzleramtsminister Josef Ostermayer am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal" von Einzelmeinungen und sieht die Mehrheit der Landesorganisationen hinter dem Parteichef. Auch Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil stärkte Faymann den Rücken.
Ostermayer geht "aufgrund der vielen Gespräche, die ich geführt habe" davon aus, dass Faymann auch nach dem Bundesvorstand am Montag weiterhin Parteichef sein werde, sagte er im Ö1-"Mittagsjournal". Außer Salzburgs Walter Steidl würden alle Landesvorsitzenden Zustimmung zum derzeitigen Fahrplan signalisieren, erst nach Einsetzen einer Strategiegruppe einen Parteitag im November abzuhalten. Nun gelte es erst einmal, den kommenden Montag abzuwarten, an dem mehrere Gespräche zur Zukunft der SPÖ stattfinden sollen.
Auch Doskozil versuchte zu kalmieren: Es brauche eine inhaltliche Debatte und keine personelle. "Werner Faymann ist unser gewählter Vorsitzender, und er ist unser Regierungschef. Gerade in schwierigen Zeiten verdient er Unterstützung", beschwor der Verteidigungsminister in einer Aussendung "Zusammenhalt und Solidarität".
Chancen für Faymann
Politische Beobachter sehen trotz der Kritik durchaus Chancen, dass sich Werner Faymann noch eine Zeit lang als SPÖ-Chef halten kann. Der Partei bringe ein rascher Wechsel nur dann etwas, wenn der Nachfolger unbestritten sei und vor allem über ein umfassendes inhaltliches Pouvoir verfüge, sagte Politologe Thomas Hofer zur APA. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer warnte vor einer Vorverlegung des Parteitags.
"Dass er den Montag politisch überlebt, würde ich nicht ausschließen", so Hofer zu den Zukunftsaussichten Faymanns anlässlich des für diesen Tag angesetzten Parteivorstands. Viele Kräfte in der Partei stünden nicht mehr hinter ihm, aber es mangle an einem "Wunderwuzzi" als Ersatz. Auch gebe es einen deutlichen Unterschied zur Ablöse von Alfred Gusenbauer 2008. Dieser habe relativ rasch aufgegeben. "Faymann ist da ganz anders. Er kämpft offensichtlich, mit alles anderem als stumpfen Waffen."
"Alles sehr amateurhaft"
Für Bachmayer ist die von Faymanns innerparteilichen Gegnern angestrebte Vorverlegung des Parteitags der völlig falsche Weg. "Das wäre die Fortsetzung der Selbstzerfleischung." Es gehe keineswegs nur um eine Personalentscheidung, sondern auch um die innere Ausrichtung, was etwa die Flüchtlingspolitik und das Verhältnis zur FPÖ betreffe. "Mit kommt das alles sehr amateurhaft vor", so sein Urteil über die Gegner des aktuellen SPÖ-Vorsitzenden.
Faymann abzusetzen und statt ihm ÖBB-Chef Christian Kern oder Medien-Manager Gerhard Zeiler, ohne zu wissen, welche Richtung einzuschlagen sei, bringt aus Sicht des OGM-Chefs nichts. Besser wäre der Versuch, bis November Zeit zu gewinnen und all diese Fragen zu klären.
Spaltung der Partei
Die SPÖ sieht Bachmayer jedenfalls in einer Doppelmühle gefangen: Eine Annäherung an die FPÖ könnte das Wegbrechen eines Teils der Partei Richtung Links bringen, der gegenteilige Weg einen weiteren Wählerverlust Richtung Freiheitliche. Am Ende sei die Partei zwar noch nicht, Ergebnisse deutlich unter 20 Prozent Wählerzustimmung aber nicht auszuschließen.
Für Hofer wäre es "wirklich eine Überraschung", wenn Faymann sich langfristig halten könnte. Ähnlich sieht es für ihn übrigens auch beim Koalitionspartner ÖVP aus. "Ob (Reinhold, Anm.) Mitterlehner nächster Spitzenkandidat ist, wage ich zu bezweifeln."