Ein Brief aus dem Innenministerium sorgt für Aufregungung: Im Schreiben vom 10. Februar fordert der Bund, dass den Hilfsorganisationen die Spenden von den geförderten Kosten abgezogen werden. Wie "Der Standard" berichtet, erging das 21-seitige Schreiben an zwölf Organisationen, die mit der Flüchtlingshilfe betreut waren (etwa Rotes Kreuz, Johanniter, Volkshilfe Wien, Train of Hope...).
Laut dem "Ö1 Morgenjournal" werden in diesem Brief die Hilfsorganisationen aufgefordert, ihre Spenden bekanntzugeben, und diese Summen würden dann davon, was der Bund an die Nicht-Regierungsorganisationen für ihre Leistungen zahlt, abgezogen.
Innenministerium im Verzug
Dieses Schreiben könnte auch die Verzögerung der Auszahlung an die Hilfsorganisationen erklären. Diese drängten in der Vorwoche darauf, dass noch ausständige Förderungen seitens des Bundes überwiesen werden und dass rasch ein neuer Vertrag mit ihnen ausverhandelt wird.
Der Fundraising-Verband weist die Forderung laut ORF empört zurück. Die Menschen hätten für Flüchtlinge, nicht für das Innenministerium gespendet. Das Innenministerium beruft sich darauf, dass man vom Finanzministerium aufgefordert worden sei, den Brief zu verschicken, und verweist auf die Sonderrichtlinie, die seit Oktober 2015 in Kraft ist und Ende März auslaufen wird. Darin ist nicht nur das Prozedere für die Förderungen festgehalten, es ist darin auch fixiert, dass "grundsätzlich nur jene Kosten förderbar sind, die (...) nicht durch Zuwendung Dritter (insbesondere Spenden) abgedeckt sind". Ein neuer Vertrag zwischen Innenministerium und NGOs wird gerade ausgehandelt.
Nicht von der Regelung betroffen sind kirchliche Organisationen wie die Caritas und die Diakonie. Mit ihnen hat der Bund separate Regelungen getroffen. Bei den anderen Hilfsorganisationen stößt das Schreiben auf heftige Kritik.
Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundraising Verbands Austria (FVA), der Dachorganiation der spendenwerbenden Organisationen Österreichs, sieht darin "eine absolute Frechheit" und einen "Angriff auf alle Spenderinnen und Spender". Er hält den Brief für einen "Missbrauch des Spendengedankens". "Genau so gut könnten die Spender ihren Beitrag gleich ans Innenministerium überweisen", meint Lutschinger in "Standard". Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Finner sieht darin "eine Form der Privatisierung der Republik". "Dafür stehen wir nicht zur Verfügung, weil unsere Spendenmittel von den Bürgerinnen wirklich für die Betroffenen direkt verwendet werden müssen", betont Fenninger.
"Jetzt zeigt die Bundesregierung ihr wahres Gesicht. Christlich oder sozial findet sich vielleicht noch in den jeweiligen Parteinamen wieder, nicht aber im Handeln von Bundeskanzler Werner Faymann oder Vizekanzler Reinhold Mitterlehner", kritisiert die Grüne Bundesprecherin und Klubobfrau Eva Glawischnig den aktuellen Vorstoß. Jene Hilfsorganisationen zu bestrafen, die von privaten Spendern und Spenderinnen die so dringend notwendige Unterstützung für die Flüchtlingshilfe erhalten haben, sei an Bösartigkeit nicht zu überbieten. Das sei ein Anschlag auf die Hilfsbereitschaft der noch vor wenigen Monaten so viel gelobten Zivilgesellschaft.
Empört reagiert auch Neos-Menschenrechtssprecher Niki Scherak. Als die Flüchtlingskrise im letzten Jahr ihren Höhepunkt erreicht habe und das Innenministerium seinen ureigensten Aufgaben nicht mehr nachkommen konnte, seien Hilfsorganisationen und Zivilbevölkerung eingesprungen und hätten den humanitären Notstand gelindert. Dies habe auch dazu beigetragen, dass mehr Geld als von den Behörden vorgesehen zur Verfügung stand und so die nötige Quantität und Qualität der Betreuung sichergestellt werden konnten. Dass Monate später das Innenministerium auf Anweisung des Finanzministeriums eine Spendenverstaatlichung bei den Hilfsorganisationen plane, sei Zechprellerei.