Kanzler Werner Faymann (SPÖ) betonte in seiner Replik, dass in Österreich ohnehin kontrolliert werde, sodass man - im Gegensatz zu freiheitlichen Behauptungen - sehr wohl wisse, wer ins Land komme. Einmal mehr betonte der SPÖ-Chef, dass aus seiner Sicht eine europäische Lösung zu bevorzugen wäre. Da es diese aber noch nicht gebe, müsse man eben Notmaßnahmen wie nationale Grenzkontrollen setzen.

Stark setzt Faymann auf die Rückführung jener, die in Österreich keinen Flüchtlingsstatus erhalten: "Wir müssen wesentlich stärker zurückbringen." Nicht vergessen wurde vom Kanzler, seinen neuen Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) zu würdigen, habe dieser doch als burgenländischer Polizeichef zu Beginn der Flüchtlingskrise ausgezeichnet agiert.

VP-Sicherheitssprecher Werner Amon zögerte im Gegensatz zum Regierungschef nicht, das Wort "Obergrenze" in den Mund zu nehmen: "Wer glaubt, allen helfen zu können, wird am Ende niemandem helfen können." Auch bei jenen, die einen Asylgrund aufweisen könnten, gebe es eine natürliche Aufnahmekapazitätsgrenze.

Für eine europäische Lösung plädierte die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Es brauche eine gemeinsame Asylpolitik in der Union, um eine möglichst faire Verteilung zu schaffen. Nationalistischen Regierungen, die sich nicht beteiligen wollten, müsse (finanziell) die Rechnung präsentiert werden.

NEOS-Klubchef Matthias Strolz erklärte das Dublin-System, das derzeit (am Papier) die Verteilung der Asylwerber regelt, für gescheitert und verlangte ein gemeinsames EU-Verfahren. Ein Flüchtling, der dann einem bestimmten Land zugewiesen werde, solle dann für fünf Jahre an diesen Staat gebunden sein. Gleichzeitig plädierte Strolz für eine Vertiefung des Schengen-Systems, allerdings im Rahmen eines Kerneuropas.

Scharfe Kritik an der Regierung kam vor allem von Freiheitlichen und Team Stronach. Der FP-Europaabgeordnete Harald Vilimsky meinte, die Obergrenze der Verträglichkeit sei längst erreicht. Der FP-Mandatar empörte sich, dass Tür und Tor für eine "interkontinentale Völkerwanderung" geöffnet worden sei. Damit verbunden seien nun tägliche Belastungen wie Einbrüche oder Messerstechereien.

Strache ärgerte sich, dass die Regierung nur "Placebo-Maßnahmen" setze. Wenn die EU versage, müsse man selbst Verantwortung übernehmen und die Grenzen schließen.

Für das Team Stronach brachte Klubchef Robert Lugar die Forderung vor, sofort einen Stopp zumindest bis Mai zu verhängen, statt einen Richtwert festzulegen. Seine Strategie wäre, die Versorgung vor Ort zu forcieren, da so mit den gleichen Mitteln 20 Mal mehr Menschen geholfen werden könnte. Stattdessen würden die Flüchtlinge in eine Kultur "angelockt" die sich nachweislich mit "diesen Menschen" schwer tue.

Auch das Staatsschutzgesetz wird heute im Nationalrat beschlossen. Die Hoffnung auf Zustimmung zumindest einer Oppositionspartei hat die Koalition dabei weiter nicht aufgegeben. Aus SPÖ und ÖVP war zu hören, dass noch mit der FPÖ gesprochen wird. Die Grünen sind mit ihren Verhandlungserfolgen um das Staatsschutzgesetz zwar höchst zufrieden, werden im Nationalrat aber dennoch dagegen stimmen.

Ziel bei den Verhandlungen mit den Freiheitlichen wäre die Verbesserung des Rechtsschutzes insofern, als dass die zur Kontrolle der Ermittlungsbefugnisse zuständigen Rechtsschutzbeauftragten nicht einzeln, sondern gemeinsam (also als Senat) entscheiden sollen, hieß es in Koalitionskreisen. Dafür wäre angeblich nun doch eine Zweidrittelmehrheit nötig. Bei den Freiheitlichen war dazu niemand zu erreichen. Der Entwurf zum Staatsschutzgesetz wurde in der Vorwoche im Innenausschuss mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP beschlossen.

In den Gesprächen mit SPÖ und ÖVP habe man einen großen Teil, aber nicht alle "Giftzähne" des Gesetzes ziehen können, so der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz in einer Pressekonferenz, warum die Grünen dagegen stimmen werden. Er sprach vom "erfolgreichsten Scheitern jemals". Im Deliktskatalog seien überschießende Delikte gestrichen worden, die dem Staatsschutz gemäß Entwurf des Innenministeriums den "vorbeugenden Schutz" ermöglicht hätte (etwa die Herabwürdigung des Staates und seine Symbole, die Vorbereitung eines Hochverrats, Aufforderung zu und Gutheißung von mit Strafe bedrohten Handlungen; Schutz gegen Verhetzung nur, wenn sie zu Gewaltanwendung führt). Für die Grünen sind das wesentliche Verbesserungen, denn dadurch werde die ausufernde Überwachung von "etwas wilderen Leserbriefschreibern" oder Demonstranten vermieden, so Pilz.

Ausreichend für eine Zustimmung sind sie für ihn dennoch nicht. Schwere gemeinschaftliche Gewalt (bisher "Landfriedensbruch") sei etwa weiter Anlass für vorbeugende Überwachung. Am schwersten wiegt aus Pilz' Sicht aber die systematische Überwachung der Verkehrs- und Standortdaten von Handys ohne richterliche Bewilligung. Ein Senat aus dem Rechtsschutzbeauftragten und seinen Stellvertretern ist für die Grünen nicht ausreichend. Und auch die unkontrollierte Datenweitergabe an ausländische Dienste wollen sie nicht akzeptieren.

Dennoch sprach Pilz von "erstaunlichen Erfolgen". Statt einer Million Menschen in Österreich gebe es dadurch wohl nur noch 200.000 von Überwachung Betroffene. Er war voll des Lobes für seine Ansprechpartner bei SPÖ und ÖVP, Otto Pendl und Werner Amon. Ein gemeinsamer Beschluss sei nicht am Parlament, sondern am Innenministerium gescheitert, das ein "schlampiges und gleichzeitig gefährliches Gesetz" geplant habe. Nächster Schritt sei nun, gesetzlich die parlamentarische Kontrolle zu verbessern.

Was die Grünen nicht durchsetzen konnten, wollen sie nach Beschluss des Staatsschutzgesetzes mittels Drittelbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu Fall bringen. Dafür brauchen sie die FPÖ, mit der Rot und Schwarz am Mittwoch noch verhandelten. Es gehe wohl um ein Abwenden der Beschwerde, meinte Pilz. "Wenn die FPÖ umfällt, kann ich nichts machen", gab er sich gelassen. Er hielte dies aber für "nicht sehr gescheit".