"Wer glaubt, das ist nur eine Auseinandersetzung um Personen, der irrt. Ich glaube, dass die Flüchtlingsfrage, die inhaltliche Auseinandersetzung eine ganz wichtige sein wird", sagte Mitterlehner zum Wahlkampf um die Hofburg. Den SP-Kandidaten Rudolf Hundstorfer bezeichnete der VP-Chef zwar als "gut aufgelegten, flotten Ballbesucher" - das entspreche aber nicht den Notwendigkeiten für das Amt. Wenig hält Mitterlehner auch von der sonstigen Konkurrenz: Irmgard Griss empfahl Mitterlehner, das politische Geschäft doch lieber in einem Gemeinderat zu erlernen, den Grünen Alexander Van der Bellen beschrieb er als "rot, grün, blass".
Mit Spott quittierte Mitterlehner in seiner Schlussansprache vor den Abgeordneten die Rochaden im roten Regierungsteam - insbesondere, dass der als farblos geltende Gesundheits- und Verkehrsminister Alois Stöger mit dem Sozialministerium bereits sein drittes Ressort übernimmt. "Ein Ringelspiel dreht sich schnell und kost' nicht viel", ätzte Mitterlehner: "Bei der Geschwindigkeit und bei den Kompetenzen muss man sich fragen, was das nächste ist - ich glaub' Bundeskanzler."
"Schonfrist" will der Vizekanzler den neuen Regierungskollegen keine gewähren und pochte neuerlich auf Änderungen im Pensionssystem und bei der Mindestsicherung. "Wir wollen niemandem die Pension senken", versicherte Mitterlehner mit Blick auf den anlaufenden Präsidentschaftswahlkampf - aber das System müsse leistbar bleiben.
Den seit dem Sommer erfolgten Schwenk hin zu einer restriktiveren Flüchtlingspolitik begründete Mitterlehner einmal mehr mit den mittlerweile offenbar gewordenen Problemen. "Die Situation hat sich dramatisch verändert", so Mitterlehner. Natürlich habe Österreich eine "große Hilfstradition". Die Flüchtlinge aus Ungarn, Tschechien und Bosnien hätten aber eine ähnliche Kultur gehabt, nun sei man auch mit Integrationsproblemen konfrontiert. Und die Flüchtlings-Obergrenze werde letztlich "durch die Zahl der Quartiere" bestimmt.
Die konservative Schweizer Verkehrsministerin Doris Leuthard hatte zuvor auf eine gemeinsame europäische Lösung der Flüchtlingskrise gedrängt. Würden einzelne Staaten beginnen, "massive Restriktionen" zu setzen, "dann ist das einfach ein Schwarzpeter-Spiel". "Das kann unmöglich funktionieren", so Leuthard. Die in der Schweiz deutlich geringeren Flüchtlingszahlen führt sie vor allem auf Investitionen in raschere Asylverfahren zurück. Die Schweiz sage Ja zur Aufnahme Schutzbedürftiger aber Nein zum "Missbrauch der Systeme" und zur "Politik der rein offenen Tür".