Helmut Elsner, der am 12. Mai 80 Jahre alt wird, hat gegenüber der APA eine "Zwischenbilanz" gezogen. Der langjährige BAWAG-Chef ging vor zwölf Jahren in Pension. "Als ich 2003 in Pension gegangen bin, hat mir der ÖGB zum Abschied ein Fest ausgerichtet und meine Verdienste gelobt. Ich hab gedacht, dass ich meine Pension in Ruhe genießen kann." Was dann passiert sei habe ihn völlig überrascht.

"Flöttl hat gestohlen"

Bis zum Schluss sei er der Meinung gewesen, dass keine Anklage gegen ihn erhoben werde. "Plötzlich kommt 's dann zur Anklage, dann zur Verhandlung, dann zum Urteil." Das Ganze habe ihn "wie ein Keulenschlag" getroffen, schildert Elsner im Telefoninterview mit der APA. In der Verhandlung sei ihm schnell klar geworden, dass mit der Aussage von Wolfgang Flöttl "etwas nicht stimmen kann", sagt Elsner. "Bevor die Staatsanwaltschaft tätig wurde hat er mich angerufen und mir gesagt, wie leid es ihm tue und dass er verantwortlich sei. Plötzlich war alles anders."

Flöttl habe vor Gericht "eine reine Show" geliefert: "Er hat lauter wertlose Handelszettel gezeigt, aus denen man nichts entnehmen konnte. Bei einer "freiwilligen Nachschau" in New York habe Flöttl nur das hergegeben, was ihm gepasst habe. Auch dass Flöttls Computer angeblich abgestürzt war und daher keine Unterlagen zur Buchhaltung mehr vorhanden wären, könne niemand glauben, sagt Elsner.

Elsner sieht sich als Opfer von Richterin Claudia Bandion-Ortner - "sie wollte auf meinem Rücken Karriere machen". Für die Wiederaufnahme der Geschäfte mit Flöttl habe er eine Genehmigung des Finanzministeriums gehabt, in der auch die Berechtigung enthalten gewesen sei, das Risikomanagement für die vergebenen Gelder extern zu führen. "Man hat etliche Unterlagen unterdrückt, die eindeutig dazu führen hätten müssen, dass es zu einem Freispruch kommt."

Nur Elsner musste einsitzen

Der ehemalige Bankchef ist überzeugt, dass Flöttl das BAWAG-Geld nicht verspekuliert sondern eingesteckt hat. "Flöttl hat das Geld der BAWAG veruntreut, ja gestohlen muss ich sagen." Sogar Gutachter Fritz Kleiner habe festgestellt, dass es noch nach dem angeblichen Spekulationsverlust von 650 Mio. Dollar im Oktober 1998 Zinsgutschriften auf dieses Geld in Höhe von mehreren Millionen Dollar gegeben habe - daher könne das Geld nicht weg sein, schließt Elsner. "Das hat man im Verfahren geflissentlich übersehen, das kommt im ganzen Urteil nicht vor", rügt Elsner. Flöttl habe nicht alles verloren, wie er behauptet habe: Laut Elsner vorliegenden Kontoauszügen habe Flöttl sogar Ende 2000 noch über 150 Millionen Dollar verfügt.

Elsner bekam die Höchststrafe, zehn Jahre Haft. Als einziger aller neun BAWAG-Angeklagten musste er ins Gefängnis. Die Zeit hinter Gittern - Elsner war inklusive der Untersuchungshaft und der Haft in Frankreich fast fünf Jahre im Gefängnis - war "etwas sehr Unangenehmes". Lobend äußert sich der Banker aber über seine Behandlung durch die Justizwache. "Die Beamten in der Josefstadt waren alle sehr korrekt", erinnert er sich. "Die haben sich auch gefragt, warum bin nur ich in Haft, warum nicht der Flöttl." Außerdem habe er ein reines Gewissen gehabt, dadurch habe er die Situation leichter ertragen. "Ich hatte nichts zu befürchten, ich wusste dass alles falsch ist, was man mir vorwirft." Er sei immer zuversichtlich gewesen, dass alles ans Licht komme. Im Juli 2011 wurde er wegen Haftunfähigkeit auf freien Fuß gesetzt. Sofort nach der Haftentlassung habe er begonnen, den ganzen Akt durchzuackern.

Dabei seien ihm zahlreiche "Ungereimtheiten" aufgefallen. So habe Flöttl schon 1997 beim US-Broker Refco einen Verlust gebaut. Darum habe er mit Hilfe seines Anwalts, Andreas Stranzinger, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht. Alles sei in dem über 160 Seiten umfassenden Antrag auf Wiederaufnahme mit neuen Fakten enthalten. Selbst die BAWAG habe offenbar kein Interesse daran aufzuklären, wo das Geld geblieben sei, obwohl sich das alle Leute fragen würden, kritisiert Elsner. Stattdessen habe sie ihn auf 10 Mio. Euro Schadenersatz geklagt und außerdem seine Gambit-Stiftung zivilrechtlich im Burgenland belangt. In Eisenstadt sei die Klage in erster Instanz abgewiesen worden. Man müsse sich fragen, ob hier nicht "Prozessbetrug" begangen werde, wenn die BAWAG wider besseres Wissen klage, da es doch Beweise gebe, dass kein Totalverlust vorhanden sei, sinniert Elsner. Schließlich sei er im Hinblick auf die Betrugsanklage - im Zusammenhang mit seiner Pensionsabfindung von der BAWAG - vom Höchstgericht freigesprochen worden.

Gesundheitliche Probleme

Die zivilrechtlichen Verfahren gegen Elsner laufen noch. Gesundheitlich gehe es ihm nicht gut: "Ich kämpfe gegen meinen Körper". Seine Erkrankungen führt Elsner auf den Stress rund um den BAWAG-Prozess zurück. Während des Prozesses habe er trotz starker Schmerzen, mit Atemnot und Sauerstoffgerät, den Verhandlungen folgen müssen, erinnert er sich. Heute lebt Elsner in Bad Reichenhall in Deutschland. Bei der nächsten Verhandlung rund um seine Stiftung will er per Videokonferenz aus einem deutschen Gericht aus aussagen.

Er lebe in Bad Reichenhall "wegen der Ärztedichte". Seine ganze Energie stecke er in die Wiederaufnahme des BAWAG-Verfahrens. "Das kann nicht sein, dass diese unglaubliche Ungerechtigkeit letztlich bestehen bleibt. Es geht mir darum, meinen Ruf wiederherzustellen". Sein persönliches Umfeld habe immer zu ihm gehalten: "Meine Freunde, meine Frau, meine Tochter haben nie an mir gezweifelt."