Was der Ministerrat beschließt, bleibt 30 Jahre geheim. Wer in der Datenschutzkommission sitzt, ist geheim. Wenn jemand wissen will, welche Kultursubventionen wer in welchem Wiener Bezirk erhält, hört als Antwort ebenfalls das häufig finale Wort: "Geheim". Solche Erklärungen geben Ämter zuhauf. Obwohl es ein "Auskunftspflichtgesetz" gibt. Doch dieses ist an sich schon purer Mangel. Weil es nicht gilt, wenn einer Frage keine Verschwiegenheitspflicht entgegensteht. Es greift auch nicht, wenn eine Behörde Bürgerfragen als "mutwillig" oder die Beantwortung als zu aufwendig einschätzt.
Selbst die obersten Kontrollore der Regierung, die Abgeordneten im Nationalrat, stoßen beim österreichischen "Amtsgeheimnis" oft an Grenzen: wenn präzise Antworten auf ihre Fragen mit "Amtsgeheimnis" abgeblockt werden.
Das wollen immer breitere Kreise nicht länger hinnehmen. So gründete der Politikwissenschaftler Hubert Sickinger gemeinsam mit dem früheren Journalisten Josef Barth schon vor Längerem eine kürzlich von "Amtsgeheimnis.at" auf "Transparenzgesetz.at" umgetaufte Internetplattform, die Unterstützer sucht und Bürgern helfen will. Auch im Menschenrechtsbefund 2012 der Liga für Menschenrechte wird dem Kampf um Informationsfreiheit breiter Raum gewidmet: "In Zeiten von Wikileaks und Korruptionsbekämpfung" sei das Amtsgeheimnis nicht mehr haltbar, meint darin die Präsidentin und Richterin Barbara Helige. Sie drängt schon länger auf einen "Freedom of Information Act", wie ihn Amerika kennt. Dort muss Bürgern Auskunft erteilt werden.
Die Grünen gehen noch weiter. Sie werden am 27. Februar im Parlament einen Antrag auf ein "Informationsfreiheitsgesetz" (IFG) einbringen. Es fordert einen gläsernen Staat statt gläserner Bürger und, orientiert am im Oktober in Kraft getretenen "Hamburger Transparenzgesetz", behördliche Aktionen ein: Ämter sollen wie in Hamburg von sich aus bestimmte Informationen veröffentlichen müssen.
"Das Amtsgeheimnis ist ein Machtinstrument", meint der Politologe Sickinger. Außerdem begünstige es Korruption. Deshalb sei diese in Skandinavien, wo fast alles öffentlich einsehbar ist, so gering. Um in Österreich weiterzukommen, sei ein "echter Kulturwandel" nötig. Das werde noch ein langer Kampf, sagt Sickinger. Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser, der definierte Ausnahmen vor der Informationspflicht schützen will (siehe oben), schätzt dies ähnlich ein. Doch wachse der Widerstand. Er hofft auf einen Durchbruch der Informationspflicht binnen fünf Jahren.
WOLFGANG SIMONITSCH