Mit einem bemerkenswerten Rundumschlag samt persönlicher Lebensbeichte ging der PR-Berater und SPÖ-Parteirebell Rudolf Fußi am Mittwoch an die Öffentlichkeit. Dessen erklärtes Ziel ist es, SPÖ-Vorsitzenden Andreas Babler mithilfe einer Mitgliederentscheidung zu stürzen. Laut eigener Auskunft hat Fußi die notwendige Unterstützungshürde von zehn Prozent der insgesamt 140.000 SPÖ-Mitglieder beisammen. Damit müsste es eine Urabstimmung über den SPÖ-Vorsitz geben. Doch Klarheit darüber gibt es nicht, weil er keine Möglichkeiten habe zu überprüfen, ob die tatsächlich von Partei-Mitgliedern kämen. Also will Fußi weiter Unterschriften sammeln.
Ob diese Debatte die Sozialdemokratie noch mehr zu destabilisieren vermag, als sie es nicht ohnehin schon ist, wird mit Blick auf die laufenden Koalitionsverhandlungen mit ÖVP und Neos zu einer entscheidenden Frage weit über die SPÖ hinaus. Fußi selbst jedenfalls erklärte, mit einem Abbruch der Verhandlungen zu rechnen – wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit.
Eine Art von Lebensbeichte
Die Pressekonferenz wurde stellenweise zu einer Art Lebensbeichte. So entschuldigte sich Fußi bei zahlreichen Menschen und Gruppen, die er in der Vergangenheit schlecht behandelt oder beleidigt habe – und verknüpfte das mit der Ankündigung, dass er sich von seinem Ehemann – „in aller Freundschaft“ – scheiden lassen werde, weil sich die Beziehung durch sein Engagement in der Politik auseinandergelebt habe. Auch dass er einst die Wähler des FPÖ-Politikers Norbert Hofer kollektiv als „Nazis“ beschimpft habe, tue ihm leid.
Der SPÖ warf er vor, mit einem Dossier an persönlichen Details durch die Redaktionen zu tingeln und eine Schmutzkübelkampagne gegen ihn zu führen. So erklärte er, seit langem an chronischem Rheuma zu leiden, deswegen zunächst starke Schmerzmittel genommen zu haben und dann auf den regelmäßigen Konsum von Cannabis umgestiegen zu sein. Zudem leide er an ADHS, einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, die er ebenfalls mit Medikamenten behandle. In Verbindung mit den Joints habe er sich in Behandlung begeben müssen.
SPÖ keine Partei „Arbeitslosen und Obezahrer“
Politisch attackierte er Babler persönlich und die SPÖ-Linie politisch frontal und forderte eine radikale Kurswende auf fast sämtlichen Gebieten ein: Die SPÖ, die Fußi konsequent als „meine Partei“ bezeichnete, „soll nicht zur Partei der Arbeitslosen und Obezahrer werden“.
So gelte es nun, die Wirtschaft in den Mittelpunkt zu stellen, „sonst fahren wir an die Wand“, und das Budget in Ordnung zu bringen. Konkret will Fußi die Körperschaftssteuer massiv absenken, aber Gewinne nicht besteuern, wenn sie als Investitionen im Unternehmen verbleiben. Zudem müsse es für die Arbeitgeber billiger werden, Menschen zu beschäftigen, und den Arbeitnehmern mehr Netto übrigbleiben. Und: „Wir müssen die Bürokratie jetzt wirklich zusammenholzen, die Auflagen sind nicht mehr zu ertragen.“
Restriktiver Kurs bei Migration
In der gerade SPÖ-intern heftig umstrittenen Migrationspolitik fordert Fußi einen restriktiven Kurs samt einem riesigen Investitionspaket für die Schule, um die Probleme aufgrund zu vieler nicht deutschsprechender Schülerinnen und Schüler zu beheben. Denn hier liege ein wesentlicher Grund für den Zulauf der FPÖ. Pflege wie Gesundheit müssten aus der ökonomischen Logik von Gewinn befreit werden, wie es Hans Peter Doskozil (SPÖ) im Burgenland vorzeige.
Außerdem sei es höchste Zeit für einen entschlossenen Kampf gegen die Freunderlwirtschaft in Österreich in einem umfassenden Sinn. Dazu gehöre für ihn auch die Abschaffung des verpflichtenden ORF-Beitrags und die völlige Neuaufstellung von dessen Gremien. In diesem Zusammenhang forderte er ein Bundesministerium gegen Korruption und Freunderlwirtschaft.
SPÖ will Anwalt einschalten
Die SPÖ ist mittlerweile sichtlich genervt von den Vorwürfen Fußis. Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim kündigte in einer Aussendung an, den Sachverhalt zur rechtlichen Prüfung einem Anwalt zu übergeben: „Die Anschuldigungen und Unterstellungen sind völlig haltlos.“