Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer widersprach in einem am Dienstagabend ausgestrahlten Interview mit Puls 4 der gängigen Erzählung, Bundespräsident Alexander Van der Bellen hätte FPÖ-Chef Herbert Kickl zumindest die Möglichkeit einräumen müssen, dass dieser einen Versuch über die Bildung einer Koalitionsregierung startet. Landeshauptmann Christopher Drexler hatte in einer ersten Reaktion am Wahlsonntag den Bundespräsidenten massiv attackiert und Van der Bellen unter Verweis auf diese Version die Schuld für das türkise Debakel umgehängt.

„Drexler war sehr emotional“, relativierte Nehammer die Aussagen des steirischen ÖVP-Chefs, die unter dem Eindruck der krachenden Niederlage erfolgt sind. „Das muss man nachvollziehen und verstehen.“ Am darauffolgenden Tag habe der steirische ÖVP-Chef die Lage ohnehin schon „anders bewertet“.

Kickl holte sich kalte Füße

Um dann in dem Interview mit Puls24-Chefredakteurin Corinna Milborn eine andere Erzählung der Ereignisse aufzutischen: „Es war ein Stück weit anders.“ Van der Bellen habe Kickl, ihn sowie SPÖ-Chef Andreas Babler beauftragt, miteinander zu reden. „Kickl war der Einladende als FPÖ-Obmann und der Chef der stimmenstärksten Partei. Da hat sich schnell herausgestellt, dass es keine Basis für eine Zusammenarbeit gibt. Kickl war nicht bereit, seine Positionen zurückzunehmen“ Der ÖVP-Chef verwies auf die Kickls Einlassung zu den Covid-Opfern, zu „Fahndungslisten“, zur Salzburger „Inzuchtpartie“ bzw. generell auf dessen Politikverständnis. Nachdem sich Kickl bei Nehammer wie auch bei Babler eine Abfuhr geholt hatte, habe der FPÖ-Chef Van der Bellen berichtet, er, Kickl, sei „nicht in der Lage, eine Regierung zu bilden.“ Deshalb habe er, Nehammer, den Regierungsbildungsauftrag erhalten.