Sichtlich geschockt fallen die Reaktionen der ÖVP-Bundespartei auf das desaströse Wahlergebnis bei der steirischen Landtagswahl aus. „Ich hätte unseren Freunden in der Steiermark gerne ein besseres Ergebnis gewünscht, sie hätten es auch verdient“, erklärte Generalsekretär Christian Stocker. Dabei verwies er auf den Trend zu Wahlverlusten bei regierenden Parteien. Es sei zur Kenntnis zu nehmen, dass Regierungsparteien auf allen Ebenen Vertrauen verloren haben: „Die Steiermark war da heute keine Ausnahme. Es ist eine bedauerliche Entwicklung, aber es ist so.“
ÖVP blockt jede Personaldebatte ab
Stocker wollte auch an ÖVP-Spitzenkandidat Landeshauptmann Christopher Drexler nicht rütteln lassen: „Aus meiner Sicht gibt es keine Notwendigkeit, etwas zu sagen. Der Landeshauptmann hat alles in diesem Wahlkampf gegeben und sich mit Leidenschaft eingesetzt. Er ist sicher auch enttäuscht über dieses Ergebnis.“
Drexler selbst hatte ja in einer ersten persönlichen Reaktion erklärt, er selbst sowie das ÖVP-Ergebnis sei ein Bauernopfer der bundespolitischen Umstände geworden. Vor allem die Entscheidung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, die FPÖ mit Wahlsieger Herbert Kickl nicht mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sorgt bei den Grazer Schwarzen für heftige Kritik. Von eigenen Fehlern oder allfälligen personellen Konsequenzen ist bislang keine Rede.
Bundes-SPÖ: Keine Folgen für Regierungsverhandlungen
Ganz ähnlich tönte es auch aus der Bundes-SPÖ, die auf tiefstem Niveau weiter Stimmen eingebüßt hat. Auch hier sieht Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim in einer ersten Reaktion keine Auswirkungen der Wahlschlappe von SPÖ und ÖVP in der Steiermark auf die laufenden Koalitionsverhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neos auf Bundesebene. Es sei nicht das Ergebnis, das man sich gewünscht habe, aber man müsse zwischen Landtagswahl und Nationalratswahl unterscheiden: „Das ist eine steirische Wahl und ein steirisches Ergebnis.“ Auf Bundesebene gehe es darum, ein Bündnis der konstruktiven Kräfte zu schmieden.
Auch Seltenheim machte den internationalen Trend des Vormarsches von Rechtspopulisten als Hauptursache für die rote Niederlage aus sowie das seiner Ansicht nach von Medien ausgerufene Duell zwischen Schwarz und Blau. Seit 2022 seien bei allen Wahlen die Regierenden abgestraft worden, das habe die ÖVP noch stärker betroffen als die SPÖ. In Bezug auf mögliche Koalitionen in der Steiermark wollte der Bundesgeschäftsführer den steirischen Genossen „nichts ausrichten“.
Kickl sieht „demokratischen Ordnungsruf an die Systemparteien“
Euphorisiert reagierte FPÖ-Chef Herbert Kickl auf den blauen Triumph in der Grünen Mark. Die Steirerinnen und Steirer hätten am Sonntag „Geschichte geschrieben“, indem sie nicht nur die FPÖ erstmals zur stärksten Kraft im Land gemacht haben. Am 29. September bei der Nationalratswahl ist das bekanntlich Kickl selbst bundesweit gelungen, doch über eine neue Bundesregierung verhandelt die ÖVP mit SPÖ und Neos.
Entsprechend sieht Kickl auch einen „demokratiepolitischen Ordnungsruf“ an die Bundespolitik. Die Wähler wollten, dass ihr Wählerwille für eine rot-weiß-rote Wende ernst genommen und nicht durch abenteuerliche Verrenkungen der Wahlverlierer im Zusammenspiel mit dem Bundespräsidenten ignoriert werde. Nun bleibe abzuwarten, ob diese weitere krachende Wahlniederlage „den vernünftigen Kräften in der ÖVP den Mut gibt, den Linksschwenk Nehammers in Richtung Austro-Verlierer-Ampel nachhaltig zu korrigieren“.