In den kommenden Tagen könnte nach Informationen der Kleinen Zeitung bereits der Startschuss zu Koalitionsgesprächen fallen. Am Montag haben sich erstmals die drei Parteichefs, Karl Nehammer, Andreas Babler und Beate Meinl-Reisinger, zu einem Sechsaugengespräch getroffen. Zunächst sollte der Ort der Zusammenkunft geheim bleiben, bald sickerte durch, dass man sich wieder im Ausweichquartier des Parlaments, im Palais Epstein, getroffen habe. Ein gemeinsamer Medienauftritt stand nicht auf der Tagesordnung.
Tod von Nehammers Schwiegervater
Der Zeitplan wurde durch den Tod von Nehammers Schwiegervater Peter Nidetzky auf den Kopf gestellt. Ursprünglich sollten Nehammer und Babler am Montag wieder zusammentreten, der Termin wurde auf Dienstag verschoben. Dem Vernehmen nach könnten noch diese Woche Nehammer wie auch Babler übereinkommen, dass man die Neos mit ins Boot holt. Bekanntlich verfügen ÖVP und SPÖ über die denkbar knappste Mehrheit im neuen Nationalrat.
Meinl-Reisinger verzichtet auf „rote Linien“
In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz wiederholte Neos-Chefin Meinl-Reisinger ihre „Bereitschaft“, Verantwortung zu übernehmen. Sie habe in den Gesprächen „keine roten Linien“ markiert, allerdings drängen die Neos mehr denn je darauf, dass die Kindergärten ausgebaut werden, die Bildungsreform vorangetrieben wird, es zu einem Bürokratieabbau kommt und die künftige Regierung einen Fokus auf den Wirtschaftsstandort legt. Von der letzte Woche aufgestellten Forderung, die Neos sollten das Finanzministerium erhalten, rückte die Neos-Chefin ab.
Nehammer muss noch Wallner angeloben
Für Bundeskanzler Karl Nehammer steht am Nachmittag (14.00 Uhr) ein weiterer Termin an: Aufgrund der Rekonvaleszenz von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der sich nach seiner Bandscheibenoperation noch erholt, wird der Kanzler in dessen Vertretung am Montag die Angelobung von Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner in der Hofburg vornehmen. Dafür wird Nehammer die Sondierungsgespräche kurzzeitig verlassen und danach wieder zurückkehren, hieß es aus dem Kanzleramt.
ÖVP-SPÖ-Mehrheit wäre äußerst knapp
Grund für die Suche nach einem dritten Partner ist die äußerst knappe Mehrheit von Türkis-Rot mit nur einem Mandat Überhang. Damit brauchen ÖVP und SPÖ entweder die Grünen oder die Neos für eine breitere Mehrheit. Die Frage nach dem dritten Partner ist freilich eine etwas heikle. Während die ÖVP die Neos präferiert, will sich die SPÖ auch die Option mit den Grünen weiter offen halten.
Die Neos zeigten sich vergangene Woche einmal mehr bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Für Irritationen bei ÖVP und SPÖ sorgte die Ankündigung von Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos, das Finanzministerium übernehmen zu wollen. Die ÖVP erklärte daraufhin, es sei jetzt nicht der Zeitpunkt, über potenzielle Regierungsämter zu diskutieren, sondern über Inhalte. Auch die SPÖ zeigte sich „erstaunt“: „Was die Menschen nicht wollen, ist eine Politik, die Posten vor die Inhalte stellt“, sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim am Freitag.