Etwas mehr als zwei Monate, bevor die Burgenländerinnen und Burgenländer am 19. Jänner an die Wahlurnen gerufen sind, musste sich Hans Peter Doskozil in ärztliche Behandlung begeben. Der Landeshauptmann, der mehrere Stimmband-Operationen hinter sich hat, wurde erneut am Kehlkopf operiert. Die Korrektur einer Verknöcherung sei notwendig geworden, ließ sein Büro wissen, der Eingriff verlief ohne Komplikationen. Öffentlich will Doskozil wieder auftreten, sobald es der Heilungsfortschritt erlaube - am Sonntag meldete er sich via Facebook zurück und schreibt:

„Ich möchte mich für euren Rückhalt und die zahlreichen Genesungswünsche bedanken, die mich nach dem Korrektureingriff an meinem Kehlkopf erreicht haben - das bedeutet mir viel. Es geht mir den Umständen entsprechend sehr gut, der Heilungsprozess verläuft bislang plangemäß und ohne Komplikationen. Daher kann ich intern bereits wieder arbeiten, stehe mit meinem Team in engem Kontakt und werde bald auch die ersten Termine in meinem Büro absolvieren.“

Der Politiker braucht gerade jetzt Kraft für den laufenden Wahlkampf. Denn für den innerparteilich streitbaren Sozialdemokraten geht es bei dieser Wahl um viel, gilt es doch, die absolute Mehrheit zu verteidigen, die Doskozil 2020 erringen konnte. Valide Umfragen gibt es, auch aufgrund der kleinen Größe des Bundeslandes, (noch) keine, doch das jüngste Debakel bei der Nationalratswahl lässt die burgenländische SPÖ zittern. Nicht nur, dass die Freiheitlichen auch dort den ersten Platz errangen, Doskozils Bundespartei landete gar nur auf Platz drei nach der ÖVP. Bund ist Bund und Land ist Land, wurde in der Landes-SPÖ eilig betont, in Sachen Landeshauptmann wüssten die Burgenländer, was sie an Doskozil haben.

Vorzugsstimmenkaiser fordert Landesfürst heraus

Am 3. Oktober folgte der nächste Schock für die Roten. Die burgenländische FPÖ verkündete, mit Norbert Hofer ein besonders starkes, blaues Zugpferd ins Rennen zu schicken. Der ehemalige Bundespräsidentschaftskandidat und FPÖ-Obmann, der von Nachfolger Herbert Kickl bekanntlich unsanft aus dem Chefsessel bugsiert wurde, genießt breite Bekanntheit und in seinem Heimatbundesland große Beliebtheit. Bei der Nationalratswahl erhielt er hier die meisten Vorzugsstimmen, abgeschlagen landete SPÖ-Listenerster Maximilian Köllner auf Platz zwei.

Zwar war im Vorfeld bezweifelt worden, dass es sich bei Hofers Schritt um eine „Herzensentscheidung“ handelt, wie dieser seinen Wechsel von der Bundes- in die Landespolitik nannte. Wurden ihm doch Hoffnungen auf den Job des Nationalratspräsidenten nachgesagt, eine Mehrheit wäre ihm angesichts seiner Erfahrung im Präsidium wohl sicher gewesen. Nun gibt sich der Freiheitliche motivierter, die Alleinherrschaft des roten Landesfürsten zu beenden.

Was beide eint, sind gesundheitliche Probleme. Hofer erlitt 2003 einen schweren Paragleiterunfall und vor zwei Jahren einen Badeunfall, er gilt seit Jahren als Schmerzpatient. Was sie trennt: Während Hofer trotz erzwungenem Abgangs bis heute kein schlechtes Wort über Partei und Kickl verliert, gehört Doskozil zu den schärfsten Kritikern seines Stalls. Daran konnten weder Ex-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner etwas ändern, die er dank eines Auswertungsfehlers für 48 Stunden vermeintlich beerbt hat, noch der Gewinner des Rennens um den Vorsitz, Andreas Babler. Obwohl sich Doskozil den Unmut der Partei zuzieht, zählt er zu ihren erfolgreichsten Akteuren. Auch, weil der Alleinregent mit Mindestlohn, garantiertem Stromfixpreis und der Anstellung pflegender Angehöriger punktet.

Schwieriges Verhältnis: Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (l.) und Bundesparteichef Andreas Babler
Schwieriges Verhältnis: Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (l.) und Bundesparteichef Andreas Babler © APA / Helmut Fohringer

Regiert die FPÖ bald im 5. Bundesland mit?

Genau das will nicht nur Hofer ändern, sondern auch ÖVP-Kandidat und Landesparteichef Christian Sagartz. Die Volkspartei zog bereits eine wenig positive Bilanz zu fünf Jahren SPÖ-Alleinregierung und übte scharfe Kritik. SPÖ und ÖVP deckten sich zudem mit Sachverhaltsdarstellungen ein, man wirft sich gegenseitig verfrühte Wahlwerbung vor. Die Motivation für eine Zusammenarbeit dürfte sich in Grenzen halten, auch, wenn sich die ÖVP als Regierungspartner angeboten hatte. Das könnte der SPÖ durchaus gefährlich werden. Schafft die FPÖ mit Hofer ein gutes Ergebnis, könnten sich ÖVP und FPÖ zusammentun, um den Landesfürsten außen vorzulassen und die FPÖ im dann bereits fünften Bundesland zum Regierungspartner zu machen. Sollte bis dahin noch immer keine Regierung stehen, wird es auch für Bundesparteichef Karl Nehammer nicht leichter, das Nein zur FPÖ-Zusammenarbeit im Bund zu argumentieren.

Aber auch Doskozil könnte die FPÖ zum Regierungspartner machen. Im Gegensatz zu seinen Genossen im Bund hat der Landeshauptmann keine Berührungsängste mit den Freiheitlichen. Er hatte sich Anfang des Jahres gegen ein generelles Nein zu einer Koalition zwischen SPÖ und FPÖ im Bund ausgesprochen, auf Landesebene schmiedete bereits Amtsvorgänger Hans Niessl eine Koalition mit den Blauen.

Sorgen um den Einzug in den Landtag macht man sich indes bei den Neos. Beim dritten Antritt der Partei im Burgenland will man endlich den Einzug in den Landtag schaffen. Landessprecher Christoph Schneider will als Spitzenkandidat kandidieren und „Kontrolle“ in die Landespolitik bringen. Dass die Vier-Prozent-Hürde bisher verfehlt wurde, führte Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger darauf zurück, dass man eine junge Partei sei, die erst Fuß fassen müsse. Im Bund bietet man sich hingegen als erfahrener Partner für eine Dreierkoalition an. Also auch hier: Bund ist Bund und Land ist Land.