Der erste freiheitliche Nationalratspräsident Walter Rosenkranz ist noch nicht lange im Amt, schon wird er mit zwei parlamentarischen Anfragen von Abgeordneten konfrontiert. Sowohl die ÖVP als auch die Neos wollen Details über Planung, Ablauf und Hintergründe des Besuchs von Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orbán wissen. Besonders die fünf Mandatare hinter der ÖVP-Anfrage, darunter Christian Stocker und Karoline Edtstadler, wollen eine sehr genaue Aufstellung und haben gleich 75 Fragen übermittelt.
Die türkisen Abgeordneten wollen unter anderem wissen, warum für den ersten internationalen Besuch in der Amtsperiode von Rosenkranz, „eine derart ungewöhnliche und von allen Usancen und protokollarischen Übungen abweichende Vorgehensweise gewählt wurde“. Die ÖVP will eine detaillierte Chronologie des Besuchs und seiner Organisation und eine Erklärung, von wem die Initiative ausgegangen ist und ob der Parlamentsdirektor eingebunden war.
Entfernung der EU-Fahne in der Kritik
Auch will die ÖVP wissen, ob und wann die anderen Mitglieder des Präsidiums sowie der Klubs im Parlament informiert wurden. Auch die mutmaßliche Entfernung der EU-Fahne beim Empfang wird hinterfragt. „Es besteht die gute Tradition, bei internationalen Besuchen, neben der Fahne des Landes des jeweiligen Gastes und der österreichischen Fahne selbstverständlich auch die Fahne der Europäischen Union aufzustellen“, heißt es.
Für Kritik hatte quer durch alle Parteien auch gesorgt, dass beim Empfang Orbáns keine Parlamentsdelegation, sondern ausschließlich eine FPÖ-Delegation anwesend war mit Parteichef Herbert Kickl an der Spitze. In der Anfrage an Rosenkranz heißt es: „Haben Sie dem ungarischen Ministerpräsidenten überhaupt mitgeteilt, dass es sich bei dem Termin im Empfangssalon um einen offiziellen Termin mit dem Nationalratspräsidenten und nicht um ein Treffen zwischen den Parteien FPÖ und Fidesz handelte?“
Neos wollen Aufschlüsselung der Kosten
Ähnlich gelagert ist auch die Anfrage des Neos-Abgeordneten Nikolaus Scherak: „Aus welchem Grund wurde die Entscheidung getroffen, dass ausschließlich Abgeordnete der FPÖ an einem offiziellen Arbeitsgespräch des Nationalratspräsidenten teilnehmen sollen?“ Auch die Kosten der Veranstaltung soll Rosenkranz genau aufschlüsseln.
Anfragen von Abgeordneten an den Nationalratspräsidenten sind eher selten. In der Regel wenden sich die Mandatare in ihrer Kontrollfunktion an Mitglieder der Bundesregierung. So musste das Büro von Klimaministerin Leonore Gewessler (Grünen) in der vergangenen Legislaturperiode mehr als 1300 Anfragen beantworten, an Karl Nehammer (ÖVP) waren in dessen Funktion als Innenminister und später Kanzler insgesamt fast 1700 Anfragen gerichtet. Historisch sind die 96 Anfragen an Wolfgang Sobotka eher viel gewesen und sind auch Beleg der zahlreichen Konflikte um seine Amtsführung. Minister haben zwei Monate Zeit, auf eine Anfrage zu antworten, beim Nationalratspräsidenten ist keine Frist verankert.