„Die Amerikaner haben mit der selbstverliebten Politik der eiskalten Eliten ordentlich abgerechnet. Sie haben zu Recht das bürgerferne Establishment abgewählt“: So twitterte der FPÖ-Account am Mittwochmorgen. Und Parteichef Herbert Kickl dichtete auf Facebook: „Americans make Trump great again and Trump makes Amerika great again“ – um sodann gleich auf Österreich zu sprechen zu kommen: „In den USA stehen die Zeichen auf `frischen Wind ́, ‚neue Wege ‚ und Optimismus. Und bei uns wurschteln die vereinigten Wahlverlierer, die unser Land in eine dramatische Negativ-Entwicklung geführt haben, im Auftrag des Staatsoberhauptes weiter herum.“
Der glasklare Sieg von Donald Trump und seinen Republikanern bei den US-Wahlen heute Nacht wird von der FPÖ bejubelt. Und sie bestärkt die auch in Österreich seit den Nationalratswahlen vom 29. September stärkste Partei im Land in ihrem politischen Kurs wie wenig andere Ereignisse.
Wenig gute Gründe für Kickl, Kurs zu ändern
Jörg Haider mag vor bald vierzig Jahren der Erfinder des europäischen Rechtspopulismus gewesen sein, doch der 78-jährige New Yorker ehemalige Immobilienunternehmer hat es verstanden, die Unzufriedenheit mit den wirtschaftlichen Verhältnissen und die Wut gegen „die da oben“, die klassischen Medien sowie die ganze liberale Achtsamkeit in eine politische Mehrheit umzumünzen. Davon ist selbst die FPÖ noch verhältnismäßig weit entfernt, doch Trump hat mit seinem rundum erstaunlichen Comeback nach seiner Niederlage gegen Joe Biden 2020 einen Weg aufgezeigt, wie dies auch noch gelingen könnte.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf gibt es aus Sicht der Freiheitlichen und ihres Obmanns Herbert Kickl wenig Grund, der Aufforderung der Konkurrenten und vieler Kommentatoren zu folgen, sich zu mäßigen und weniger polarisierende Politik zu betreiben. Hält er sich an Trump als „Role Model“, so wird er das genaue Gegenteil machen: Die rhetorische Polemik auf die Spitze treiben, verrückte und auch völlig unwahre Geschichten verbreiten, zu seiner Rechten noch extremere Agitatoren als Verbündete versammeln und gegen alles und jeden wettern, der auf Traditionen und Wegen des bisher Üblichen und Akzeptierten beharrt.
Lässt sich Trumps Erfolg ohne Trump kopieren?
Allerdings lässt sich vielleicht die Politik und Strategie Donald Trumps kopieren, nicht aber dessen Persönlichkeit. Dieser hat sich als milliardenschwerer Immobilienspekulant aus dem liberalen New York als Politiker völlig neu erfunden. Viele seiner Wählerinnen und Wähler verzeihen – oder ignorieren – dessen Ausritte, auch charakterliche Mängel, weil sie ihn insgesamt als authentisch und glaubwürdig wahrnehmen, jedenfalls als authentischer und glaubwürdiger als seine jeweiligen Kontrahenten. Es ist allerdings offen, ob sich der Erfolg von Trumps Stil und Strategie auch ohne sein Charisma wiederholen und adaptiert importieren lässt.
So oder so hat die FPÖ derzeit keinen guten Grund, von ihrer derzeitigen Doppelstrategie – radikale Frontalopposition im Bund unter Kickl, konstruktive Kooperation in den Bundesländern – abzuweichen. Im Gegenteil: Trumps Triumph verschafft ihr noch mehr Rückenwind. Und den stärksten Partner im Geiste, den sie sich wünschen kann. Übrigens zählte auch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, den die FPÖ erst vergangene Woche mit viel Pomp im Parlament empfangen hatte, zu den Verbündeten und begeisterten Gratulanten des neu gewählten US-Präsidenten.