Das Timing kann manchmal, so würde es wohl Ex-Skirennfahrer Armin Assinger formulieren, ein Hundling sein. Ausgerechnet am Tag, an dem sich ÖVP und SPÖ endlich inhaltlichen Fragen auf der Suche nach einer möglichen gemeinsamen Regierung widmen wollten, platzt der Fiskalrat mit einer mehr als düsteren Budgetanalyse in die Schlagzeilen. Nicht, dass das immer größer werdende Defizit überraschend käme – für heuer wird ein Minus von 3,9 Prozent des BIP prognostiziert, was deutlich über der Maastricht-Grenze von 3 Prozent liegt –, aber es zeigt der Öffentlichkeit auf, wie groß der Reform- und Sparbedarf in den kommenden Jahren sein wird.
Vor diesem Hintergrund marschierten medienwirksam am Dienstagvormittag die Delegationen von ÖVP und SPÖ zum Beratungsort, dem Palais Epstein neben dem Parlament. Große inhaltliche Aussagen gab es erwartungsgemäß nicht. Schon im Vorfeld war klargestellt worden, dass es nach dem Auftakt, der großteils dem Atmosphärischen gewidmet war, nun an die Inhalte gehe.
„Ambitionierter Zeitplan“ bei „konstruktiven“ Gesprächen
Bei seinem Statement im Anschluss an die heutigen Gespräche sprach Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) von einem Start in eine „intensive Sondierungswoche“. Es gehe der ÖVP um Standortpolitik, Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit, man sei hier derzeit in einer „herausfordernden Situation“. Auch der „Kampf gegen die illegale Migration“ stehe im Fokus, man müsse weiterhin „Verbündete“ auf europäischer Ebene dafür finden, der österreichische Weg werde zunehmend anerkannt. Auch über die Themen Gesundheit und Pflege sei gesprochen worden. Beiden Parteien sei laut Nehammer klar, „dass es kein Weiter wie bisher geben kann“, die Gespräche seien „konstruktiv“ gewesen. Es brauche wieder eine „positive Erzählung“ im Land, zum genaueren Fahrplan wollte sich der Kanzler auf Nachfrage nicht äußern. In Sachen Budget brauche es nun gemeinsame Analysen, man stehe hier noch am Beginn der ersten Sondierungen. Angesprochen auf inhaltliche Hürden erklärte Nehammer, dass es nun einen „Problemaufriss“ brauche, mögliche Lösungen müssten diskutiert und dann tragfähige Einigungen gefunden werden.
Der Kanzler verließ daraufhin den Raum, nach einer kurzen Pause (und damit ohne gemeinsame Fotomöglichkeit) trat SPÖ-Chef Andreas Babler ans Mikrofon. „Bei aller Vorsicht, die geboten ist“, sehe die SPÖ nun Sinn in weiteren Gesprächen, um „die großen Themen“ im Land angehen zu können. Bei allen Unterschieden zwischen den Parteien gebe es auch gemeinsame Interessen wie wirtschaftliche „Impulse“ und Beschäftigung, man wolle „große Lösungen“ anstatt „Minimalkompromisse“. Dass die Situation nicht einfach ist, zeige die aktuelle Debatte über das Budget. Man habe sich einen „ambitionierten Zeitplan“ auferlegt, morgen finde erneut ein Gespräch zwischen den Parteien statt. Es gebe jedenfalls „ein sehr großes Tempo“, versicherte Babler. Zu konkreten Inhalten wolle er sich erst nach den Sondierungsrunden äußern und „die Vertraulichkeit wahren“.
Unterredungen mit Pink und Grün
Die Beratungen an den beiden Tagen sollten schon die Richtung weisen, ob die Sondierungen allenfalls in echte Regierungsverhandlungen münden. Da Schwarz und Rot gemeinsam nur ein Mandat Überhang haben, gilt es als sehr wahrscheinlich, dass ein dritter Partner in eine Koalition einbezogen wird. Die Neos sind hier in der Poleposition. Babler traf deren Obfrau Beate Meinl-Reisinger schon am Montag zu einem Gespräch. Eine Unterredung mit Grünen-Bundessprecher Werner Kogler soll allerdings in dieser Woche noch folgen.
Auch ÖVP-Chef Karl Nehammer wird vermutlich mit beiden noch einmal zusammentreffen. Eine erste Unterredung gab es jeweils schon vor den Herbstferien. Dem Vernehmen nach dürfte der dritte potenzielle Partner auch bereits in die Sondierungen einbezogen werden, bevor klar ist, ob man Regierungsgespräche aufnimmt. Dauern soll die Gesprächsrunde etwa fünf Stunden.